Susanne Storck schrieb am 08.05.2006 in der NTZ - Essen


Mächtig viel Glück gehabt


GASTSPIEL / Herman van Veen und Ensemble verzauberten Freitagabend rund 1100 Menschen in der Philharmonie. Samstag erlebten noch einmal so viele Zuschauer das Programm "Hut ab!"


"Wenn die Niederlande gegen Deutschland Fußball spielt, kann sich Beatrix oben ohne an den Strand legen und einen Joint rauchen." Keiner merkt's, niemanden interessiert's. Sätze wie dieser, noch dazu schön schelmisch gesagt, machen kurz vor der WM doppelt Spaß. Herman van Veen ist Spezialist für solche Sätze, die er haufenweise bastelt. Egal, ob man sie von ihm schon anderswo gehört hat, vielen kann die Wiederholung nichts anhaben. Kleine Kostprobe: "Merkwürdig, spreche ich mit Gott, heißt das: beten. Spricht Gott mit mir, heißt das: Psychose."
Ob die Lacher, die Nachdenklichen, die Schmunzelnden, die Verträumten, die Hand-in-Hand-Lauschenden, Herman van Veen hat sie alle auf seiner Seite: Freitagabend in der Philharmonie. Mit rund 1100 Besuchern, so die Veranstaltungs-Agentur "handwerker promotion", ist der Alfried Krupp Saal nahezu ausverkauft. Noch einmal so viele Menschen kommen zur Vorstellung am Samstag.
Herman van Veen gastierte mit seinem aktuellen Programm "Hut ab!" in der Philharmonie. Zum siebten Mal ist er in Essen, rechnet er dem Publikum vor. An seiner Seite die exzellenten Musiker Erik van der Wurff, Edith Leerkes, Jannemien Cnossen und Karel Bredenhorst.


"Engel und Teufelsweib"


Das fängt ja gut an: "Doch das Haus gehört einem andren und man kommt da nicht mehr rein", hakt Herman van Veen (61) im ersten Lied seine Jugend ab. Ein für alle Mal. Diese Endgültigkeit, mal schwer zu ertragen, mal eine Befreiung, zieht sich durchs Programm. Wenn er über Kriege singt und spricht, die auch nach ihrem Ende noch in den Menschen toben, wenn er für die hohe Kindersterblichkeit in Afrika eindringliche Worte findet Wenn er der nicht mehr lebenden Mutter seine Liebe erklärt - einer der stärksten Augenblicke des Abends. "Meine Mutter - sie hatte was, sie hatte was Gefährliches, sie hatte was von einem Engel, hatte was von einem Teufelsweib."

Aber sie ist tot, kommt nie, nie wieder. Was bleibt, sind die Erinnerungen. An manchen Tagen ist dies genug, an anderen kann nichts, aber auch gar nichts über den Verlust hinweg trösten. So oder für andere ganz anders erzählt's anschließend Karel Bredenhorst mit seinem Cello, das summt und brummt und grollt und säuselt.
Aber bloß nicht für immer traurig sein, das hält kein Leben aus. Und so kommt's plötzlich ganz anders, wie die unverhofften, teilweise überraschenden Wendungen an einem Abend so van Veen-typisch sind. Langeweile wird ausgesperrt. Denkt man, und schwupps, mimt er, zum Brüllen komisch, Herman San, der eine Geisha bezirzt, gießt es wie aus Kannen Pingpong- Bälle auf der Bühne, oder der Gaukler mit Schalk im Nacken wirft in hohem Bogen Glitter-Konfetti. Auch Gandalf, der Zauberer aus "Herr der Ringe", hätte an dem Sternschnuppen-Regen seinen Spaß gehabt.


"Duuuuu machst mich so schön"



Nach über zwei Stunden wissen alle im Saal, dass dieser Freitagabend nicht ohne Zugaben enden wird. Herman van Veen eröffnet sie schwarzhumorig: "Seit '68 sind 40 Prozent unserer Zuschauer gestorben. Sie haben Glück gehabt." Und wie! Herman van Veen und Ensemble geben eine Zugabe, und noch eine und noch eine... Seine Fans lassen ihn nicht gehen, auch nicht, als er sich mit einer Saalrunde persönlich verabschiedet. "Duuuuu machst mich so schön", singt er. Und dann auch noch ."Anne" und, und, und... Gut eine Stunde Zusatzprogramm schenkt er seinem Essener Publikum. "Hut ab", Herman van Veen!