Hanna Meid schrieb am 30. September 2002 in der Gmünder Tagespost

Entblätterte Rosen und ein Freudentanz



Konzert / Herman van Veen begeistert das Gmünder Publikum mit seinem Programm "Was ich dir singen wollte"

Fünfmal klatschte ihn das Publikum auf die Bühne, erst nach vier Zugaben ließ Gmünd den Barden ziehen. Herman van Veen Altmeister dar Songpoesie, Humorist, Pantomime, Geiger, Fantast ist auch nach 30 Bühnenjahren ein Genuss für Ohren, Augen und Seele.

SCHWÄBISCH GMÜND
Seine mächtige Stimme donnert durch den Saal und akzentuiert doch die leiseste Endsilbe. Seine Texte sind Geschichten, die das Leben schreibt, nachdenkliche, hoffnungsvolle. Seine Musik und sein Tanz sind temperamentvoll mitreißend und bisweilen unglaublich Komisch.
Der Holländer blick auf eine große Karriere: 115 CDs in fünf Sprachen hat er aufgenommen, schreibt Film- und Ballettmusik, ist Kinderbuchautor, Regisseur und Schauspieler. "Der größte
Wahnsinn ist die Welt zu sehen, so wie sie ist, und nicht, so wie sie sehr sollte", sagt er und legt ironisch-politisch den Finger auf die Wunden. Wenn er das Publikum durch seine Kindheit führt, liebevoll von Vater und Mutter singt, steht er selbst mitten drin. Er reflektiert über Liebe, Beziehungen, Gott und die Welt.
Wem er am schwarzen Tisch Platz nimmt, ein verstaubtes Buch aufschlägt, und zu plaudern beginnt, sitzen ihm die Musiker gespannt zu Füßen wie früher die Kinder bei der Großmutter. Die Geschichte vom Badehaus, in das der Achtjährige mit seinem Vater gehen durfte und dort erfährt, das er groß ist, riss das Publikum zu stürmischem Applaus hin.
Wenn er zur Geige greift, spielt er feurig seine Zigeunerweisen, wenn er sein Stimmentalent im afrikanischen Kauderwelsch entfaltet, versteht das Publikum vor Lachen und Staunen kaum ein Wort.

Melancholisch steht er mit seinem Regenschirmskelett im Dunkel oder mit einer entblätterten Rose. Mehr an Requisiten braucht er nicht.
Die Mimik des 57-Jährigen reicht von den schütteren Haarspitzen über die schwingenden Hüften bis in die Füße, die Freudentänze vollführen. Freude ist sein Zauberwort. Seine unverwechsel? bare Harmonie von Wort und Bild, seine kleinen Clownesken greifen auf die Band über, die, wie das Licht, die Stimmung aufnimmt, verdichtet, loslässt.
Seine Musiker sind Profis, Musikpädagogen wie er oder sind klassisch ausgebildet. Geige, Schlagwerk, Dudelsack oder, irische Volksharfe, Tuba, akustische Gitarre und Klavier vermitteln eine Klangvielfalt, wie sie nur der schlichten Weisen der Kompositionen eines Herman van Veen gerecht wird.
"Die Wahrheit ist viel besser zu ertragen, wenn sie klingt", singt er und schaut dem Publikum in die Augen.