Horst Seipelt schrieb am 28.01.2002 in der Lingener Tagespost

Ein schöner Abend mit dem singenden Poeten



Herman van Veen und "Was ich dir singen wollte"

Inzwischen ist er 56 und Opa, fast 40 Jahre auf der Bühne, hat 115 CDs in fünf Sprachen produziert, und füllt die Theater wie eh und je: Herman van Veen, der singende Poet, der Geschichtenerzähler. Das begeisterte Lingener Publikum huldigte ihm geradezu im ausverkauften Theater an der Wilhelmshöhe.

Nach einem Walzervorspiel im konzertanten Stil tritt er auf mit der umjubelten Textzeile "Du bist schön" ("Anders anders") mit fabelhafter Begleitung im virtuose Stil spanischer Zigeunermusik. Dieses großartige Zusammenspiel setzt sich in einem wahren Hummelflug fort, orientalische Melismen fließen ein, seine hervorragenden Musiker begeistern auf Anhieb: der Pianist Erik van der Wurff, seit 1963 mit van Veen unterwegs, die vorzügliche Gitarristin Edith Leerkes, eine Konzertgitarristin von Format, die Geigerin und Sängerin Jann und Wieke Garcia, keltische Harfe, Dudelsack, Drehleier, Rhythmusinstrumente.

Dann kam der Song, der dem Programm den Titel gab: "Was ich dir singen wollte", mit der Textzeile "Ich bin nur Sänger. Darum bin ich hier". Dieses Bekenntnis drückt van Veens künstlerische Absicht aus: "Ich möchte mit meiner Kunst Energie vermitteln, positive Energie, positive Kollektivität." Dabei geht es aber nicht etwa nur seriös und konzertant zu, dazu sitzt ihm viel zu sehr der Schalk im Nacken.

Und gerade diese Lockerheit, diese gewollten Ausrutscher machen ihn glaubhaft: "Franz ist auch schon tot, zumindest hoffe ich das; denn gestern haben sie ihn begraben. "Es folgen Fürbitten. Van Veen wird auch nie billig oder geschmacklos, wenngleich er auch schon mal nach Art alter Entfesselungskünstler bei Trommelwirbel und nach bühnenwirksamen Verrenkungen ein unaussprechliches Teil der Unterbekleidung befreit aus dem Ärmel zaubert.
Und dann kommt wieder ein Lied, das unter die Haut geht: "Flussviertel." Nachkriegserlebnisse, "die Brücke aus Kummer und Vergangenheit", das gebrochene Gemüt der Eltern über die Enteignung des Besitzes. Und wieder hellt seine positive Erinnerung das ganze freundlich auf: "Mama, ich geh nach China." Darauf Mama: "Ist in Ordnung, Herman. Hauptsache, du, bist vor dem Essen zurück." Die große Liebe zu seiner Mutter verrät auch das Lied "Sprich mit mir": "Streit zerteilt uns nicht, ich lande immer vor deiner Tür."
In einer Opernparodie macht sich van Veen lustig über die oft sinn? und vor allem endlosen Textwiederholungen. So zelebriert er den Satz "Er hat sie erstochen" als Sopran. Tenor und Bariton, gute Gelegenheit, gleichzeitig seine hervorragenden stimmlichen Mittel zu zelebrieren.

Schön auch die Episode, wo die Bandmitglieder ihn ausbooten, nicht mehr mit Herman spielen wollen. Er kommt einfach nicht mehr dazwischen. Erik, Edith, Jann und Wieke ziehen ihr eigenes Programm ab, gut genug sind sie ja. Mit allen Mitteln versucht Herman wieder reinzukommen, und seine Leute nehmen ihn auch gnädig wieder auf. Schließlich haben sie ja noch eine Stunde mit Zugaben zu bestreiten, so riesengroß ist die Begeisterung des Lingener Publikums über Herman van Veen und sein Programm "Was ist dir singen wollte".