Christoph Hahn schrieb am 26.03.2001 in Aachener Nachrichten

Interview: Herman van Veen kommt nach Aachen

Ein Sänger zwischen Himmel und Erde



Aachen (an-o). Er bleibt sich treu: Herman van Veen (56), niederländischer Sänger und Clown, wagt auch in seinem neuen Programm "Was ich dir singen wollte" den Drahtseilakt zwischen Tragödie und Komödie. In einem "Nachrichten"-Interview sprach er über Details.

Nachrichten: Auf dem Plakat und dem Programmheft zu Ihrer neuen Tournee verbergen Sie Ihr Gesicht hinter einer Geige. Welche Absicht steck hinter diesem surrealistisch wirkendem Bild?


Van Veen: Zuerst einmal will ich damit ausdrücken, dass die Musik wichtiger ist als der Musiker. Dann geht es in "Was ich dir singen wollte" aber auch um die Geschichte von einem Jungen, für den die Geige wichtiger ist als alles andere. Für ihn ist der Unterricht mehr Pflicht und alles andere als eine Freude. Das will uns sagen, dass wir mehr unserem Herz folgen sollten.

Nachrichten: Sind Sie also in diesem Sinn ein Romantiker?


Van Veen: Ich bin eher ein Realist. Allerdings finde ich die Idee, eines Tages Gott zu treffen, großartig. Romantiker bin ich in dem Sinn, dass wir mehr Vertrauen in das setzen sollten, was wir nicht begreifen.

Nachrichten: Der Titel Ihrer Tournee mit dem Wort "wollte" erweckt das Gefühl, dass sie ihn posthum jemand widmen, den Sie zu Lebzeiten nicht mehr erreichen konnten, der tot ist ...


Van Veen: Ja, das stimmt auch. In den Liedern geht es auch um die Philosophen Nietzsche und Schopenhauer, deren wahre Berufung bei der Musik lag. Und heute sieht die Öffentlichkeit sie unter völlig falschen Gesichtspunkten.

Nachrichten: Es hieß aber auch, Sie hätten die Tournee im Andenken an Ihre Eltern "Was ich dir singen wollte" genannt.


Van Veen: Das stimmt ebenfalls. Mein Vater und meine Mutter sind 2000 kurz hintereinander gestorben. Das hat mich sehr niedergeschlagen, meine ganze Welt auf den Kopf gestellt. Diese Eindrücke habe ich dann auch in einem Lied verarbeitet, wo ich meine Mutter bitte, noch weiter mit mir zu reden.

Nachrichten: Diesen Gedanken, dass es einen Austausch zwischen dieser Welt und der anderen gibt, haben Sie vor Jahren schon in Ihrem Lied "Nachtvlinder" in Worte gekleidet. Ist in Ihnen diese Grundidee angesichts dieser traurigen Erlebnisse wieder zurückgekehrt?


Van Veen: Zweifelsohne. Es scheint, als ob die Arbeit an diesem Lied und dem gleichnamigen Film für mein Leben etwas Prophetisches gehabt haben. Ich glaube, dass ich mich mit diesem Lied unbewusst auf den Tod meiner Eltern vorbereitet habe.

Nachrichten: Von diesem Akzent einmal abgesehen - welche Schwerpunkte setzen Sie in Ihrem Tourneeprogramm sonst noch?


Van Veen: Zuerst einmal glaube ich an die Autonomie des Publikums. Hast du 1000 Zuschauer, dann gibst du auch 1000 Vorstellungen. Ich will vor allem das Vorstellungsvermögen meines Publikums erweitern. Aber wer da mit wem spielt, darf nicht deutlich werden.

Nachrichten: An welchen Projekten arbeiten Sie zur Zeit sonst noch?


Van Veen: Die Arbeit an zwei neuen Filmen, "Full Pally", wo es um Rassismus geht, und "Poem", wo wir versucht haben, zu Gedichten Bilder zu schaffen, arbeite ich an einer neuen Sendestaffel der Trickserie "Alfred Jodocus Kwak". Die CD zur Tournee soll übrigens erst nach deren Abschluss erscheinen.

Nachrichten: Sie sind jetzt auf Tournee durch Deutschland, einem Land, zu dem viele Niederländer noch immer ein sehr schwieriges Verhältnis haben. Welche Gefühle hegen Sie bei dieser Konzertreise?


Van Veen: Ich bin ein Nachkriegskind und hatte das Glück, Deutsch auf der Schule bei einem Lehrer zu lernen, der diese Sprache sehr liebte. Deutsch hat in mir darum sehr tiefe Spuren hinterlassen. Ich empfinde diese Sprache sehr tief.



Christoph Hahn





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