Giko schrieb am 25.09.2005 in der NRZ - Emmerich



Ein Kyrie auf Herman



STERNSTUNDEN / Herman van Veen gab und zeigte an zwei Abenden im Emmericher Stadttheater (fast) alles. Und hat versprochen, 2009 wieder nach Emmerich zu kommen.


EMMERICH. Freitag und Samstag Abend im Stadttheater: Herman van Veen gibt alles. In allen Tonlagen. Mal Schreihals, mal Flüsterton. Derb und direkt, zupackend und zärtlich. Und er zeigt (fast) alles: Seine strammen, mit NyIons gewandeten Waden, seine unbehaarte Brust die schwarze Unterhose. Er liefert ein grandioses Spiel auf der Violine und ein atemberaubendes Zusammenspiel mit seinem fantastischen Ensemble. Herman van Veen ist ein Gesamtkunstwerk.

Er ist nicht nur ein fabelhafter Sänger, er ist Poet und Clown, der dem Publikum im Stadttheater eine souveräne Mischung aus dem Programm "Hut ab!" und bekannten Liedern servierte, Pingpong-Bälle inklusive. Es sind nicht nur die Lieder, die überzeugen, auch die Instrumentalstücke erzählen eigene Geschichten.

Van Veen ist mal ernst, dann wieder heiter. In seinem Lied "Schulaufgaben" projiziert er ein Bild aus dem Irakkrieg und zähIt in "Kyrie Eleison" in seiner typischen Mischung aus Weisheit, Witz und Ernsthaftigkeit all jene Menschen auf, für die er singt. Und irgendwo findet sich jeder selbst wieder. Dann der Wechsel zum Witz: "Zwei Kannibalen essen einen Clown. Sagt der eine: Schmeckt komisch."
Vorurteile über Deutsche und Niederländer zieht Herman herrlich durch den Kakao und kommt so kurz vor der Fußball-WM um die Bruderkämpfe der Nachbarn nicht herum. Aber der Ball-Barde schwingt versöhnlich die deutsche und niederländische Fahne auf gleicher Höhe und dröhnt "We are the champions". Das ist Bruderliebe.
Die Fans lieben ihren Herman, der sagt, was er meint, der Vergangenes und Gegenwärtiges thematisiert, der aber niemals erkennen lässt: Wo sind die Grenzen zwischen Wahrheit und Phantasie.

Nach "Wann weint sie" will der Niederländer sich verabschieden, doch die Fans fordern "Zugaben". Die bekommen sie auch. Bei seiner Hardrock-Nummer am Samstag Abend hat der 60-Jährige so intensiv auf dem Bühnenboden gezuckt, dass er sich "was verdreht hat" und von Gitarristin Edith Leerkes nach seinem Auftritt massieren lassen muss.
Herman van Veen kommt gerne ins Stadttheater. "Es ist keine Strafe, hier zu sein", sagt er in der ihm eigenen Art, der NRZ. Beide Abend seien "picobello" gewesen: "Hier ist eine tolle Akustik", lobte der Künstler, der mit "Hut ab!" bis Mai 2006 tourt. 2009, das hat er Kulturchef Ludger Heyming versprochen, ist er wieder da: "Natürlich", sagt er.

Und dann wird er wieder vor dem Publikum seinen Hut ziehen und das Publikum sich vor ihm verneigen - vor einem ganz Großen. Wir freuen uns jetzt schon darauf (giko)