???? schreef 24 mei 2002 in de OON

Lyrischer Magier



Herman van Veen, der große holländische Clown und Musiker, kommt am 25. und 26. Mai mit der Uraufführung "Für Elise" ins Linzer Brucknerhaus. Es ist ein symphonisches Märchen, das zusammen mit dem LinzerBrucknerorchester erarbeitet wurde. Wir stellen Ihnen Herman van Veen vor.

In Utrecht ist das Normale ein wenig verrückt, dort lebt eine Romantik, die nie beschleunigt wurde. Außer vielleicht einmal, ganz kurz, 1987, als dort der LASK nach einem 0:0 in Linz um den Aufstieg in die zweite Runde des Fußball-UEFA-Cups bettelte. Der FC Utrecht lehnte mit einem 2:0-Sieg ab.

Ansonsten hat Utrecht sogar einen Dom mit Turm, einen 102 Meter hohen. Aber der steht nicht in der Nähe des Gotteshauses, sondern unmotiviert weit weg. Der Kirchengarten ist ein zärtlich frisiertes Kunstwerk wie diese Schokotörtchen, die in den Cafés zu bestellen sind - unbedingt. Dem Kellner fällt andernfalls die herzliche Freundlichkeit ab, und Ihnen würde ohne dieses Leckerli etwas entgehen. Es wird am Merwedekanal gespeist, an dessen Ufer Künstler in der mit 300.000 Einwohnern viertgrößten Stadt der Niederlande wunderbarste Skulpturen aus Holz, Metall, Papier und Gips schaffen. Sie arbeiten in sich versunken, scheinbar unehrgeizig, für die eigene Galerie gegenüber. Diese Universitätsstadt mit 25.000 Studenten hat einige Künstler mit außergewöhnlichen Sinnen in die Welt gebracht, etwa den Junker Jacob von Eyck, der im 17. Jahrhundert blind Flöte spielte, und Herman van Veen, der polyglotte, weitsichtige Clown kam 1945 in Utrecht zur Welt.

Entzückt, verzaubert

Sechs Mal wurde Herman van Veen bei seinem letzten Österreich-Besuch im Herbst zurück auf die Bühne im Wiener Konzerthaus geklatscht. Vor der enthemmten Menge kauderwelschte er mit einem Käsesandwich im Mund milde: "Wollt ihr denn gar nicht nach Hause gehen?" Niemand im Saal machte Anstalten, die holländische Brotzeit als tatsächliches Ende gelten zu lassen, in solchen Fällen stört man gerne beim Essen. Er hatte die Menschen verzaubert, wie er es mit allen macht, die sich nicht nur seiner weichen Stimme öffnen, sondern auch auf seine Texte einlassen.

Van Veen bevorzugt das Chanson, ohne nahe am Schlager vorbei zu schrammen. Er gilt als Alleinunterhalter, trotzdem ist jedes seiner Stücke die Produktion eines ganzen Stabes von Mitarbeitern. Bis heute sitzt Erik van Wurff in seiner Nähe, der 1965 bei dem Programm "Harlekijn" auf dem Klavier begleitete. Es war das Bühnendebüt von Herman van Veen, das endlich raus musste, nachdem er Gesang, Geige und Musikpädagogik am Utrechter Konservatorium studiert hatte. Inzwischen komplettieren Edith Leerkes (Gitarre), Jan und Maria Paula Majoor (Geige), Wiebke Garcia (Percussion, Harfe, Drehleier) und Thomas Dierks (Bass) van Veens Ensemble. Der Meister selbst macht aus allem ein Instrument, ob Sessel, ob Tisch - überall kommen Töne heraus, weil van Veen es so haben will.

Mit Freunden gründete er diverse Organisationen für Entwicklungshilfe, zum Beispiel die Herman-van-Veen-Foundation. Kindern soll auf diesem Wege gegeben werden, was ihnen rechtmäßig zusteht.


Alfred Jodocus Kwak

Vor 20 Jahren wurde van Veen mit der Komposition eines symphonischen Märchens beauftragt - eine Begegnung von Kindern mit einem Symphonieorchester hätte es werden sollen. Er dachte zunächst an eine Bearbeitung des Trojanischen Pferdes, in dessen Bauch das gesamte Orchester Platz finden sollte. Dies war undurchführbar, das Pferd wurde zunächst ein Hahn, aber dieser schien van Veen wieder zu stolz. Ein Umweg führte ihn zu einer Ente. "Das merkwürdig, denn für dieses Tier hätte ich nur aus dem Fenster zu schauen brauchen." Er nannte die Ente nach einem guten Freund Alfred, Jodocus borgte er sich von einem Clown aus und Kwak kam auf Grund eines Erlebnisses vom Fallen als Nachname dazu - Alfred Jodocus Kwak.

Es erschien eine Platte, zunächst nur eine von van Veens inzwischen insgesamt 123 Tonträgern, und ein Buch mit Zeichnungen von Annet Kossen. Irgendwann ließen sich die deutschen Cartoonisten Harald Siepermann und Hans Bacher zum Zeichnen eines Comics überreden, der wieder japanischen Filmproduzenten in die Hände fiel. Van Veen: "Und ehe ich mich versah, entstanden 52 Zeichentrickfilme."

Von dieser Ente wurde im Laufe auch Kleidung verkauft. Der Reinerlös kommt der von van Veen gegründeten Stiftung Colombine zu Gute, mit der Heime für Kinder geschaffen werden, die Ruhe, Entspannung und Geborgenheit brauchen (etwa nach langwierigen, medizinischen Behandlungen).


An die Jugend erinnert

Van Veen kommt nicht mehr wie einst barfuß auf die Bühne ("Das schickt sich in meinem Alter nicht mehr "). Seine Hörer erinnert er dennoch an deren Jugend, an eine lange zurückliegende Arglosigkeit, in die er mit Vorliebe poltert. Mit "Wenn's nur anders ausgegangen wär'", kleckst er schreckliche Bilder, wie Europa ausgesehen hätte, wenn Nazi-Deutschland den Zweiten Weltkrieg nicht verloren hätte. Oder er zitiert seinen eigenen, in melancholischer Stimmung versunkenen Vater: "Herman, siehst du den Mond?" "Ja", sagte Herman. Darauf der Vater: "Ja, aber du hättest ihn vor dem Krieg sehen sollen ."