Marianne Fehr schreef in week 13 in Die Weltwoche (H)

Die Wüste lebt
Bauchlandungen



Der Nachwuchs entwickelt sich nicht immer wunschgemäss: Statt ein Wunderkind zu werden, das es den Eltern erlaubt, auf Sprösslings Kosten in Saus und Braus zu leben, nervt er häufig und klaut Bares aus Papas Brieftasche. Ein neunjähriger Junge aus dem süddeutschen Biberach bezahlte schwer für seine Ungezogenheit. Der Vater fuhr ihn zum nächsten Polizeiposten, gab ihn dort ab; er wolle ihn nicht mehr haben, die Beamten könnten den Bengel behalten. Damit die Polizeistationen nicht zu Zöglingsanstalten werden, sollten die neu installierten Kinderklappen allerorten vergrössert werden. Am besten auf Mannshöhe, damit auch Söhne ihre missratenen Väter einwerfen können.

Ganz und gar missraten ist der Gleitschirmflug der 41-jährigen Klara Kofler in Südtirol. Sie blieb in einer 130 000-Volt-Hochspannungsleitung hängen, aus der sie von der Feuerwehr in dreistündiger Arbeit befreit werden musste. Die Folgen des Stromunterbruchs gehen zu Lasten der Sportlerin: Rund 400 000 Franken dürfte sie der Spass kosten. Ein Sprung auf das Warenlager eines Händlers mit alten chinesischen Vasen hätte etwa zum selben Erfolg geführt, wäre aber natürlich nicht halb so spannungsgeladen gewesen.

Über mangelnde Spannung während seiner Hochzeitsnacht kann sich der Engländer Matt Hughes nicht beklagen. Ehe das frisch getraute Paar sich anschickte, einander beizuwohnen, hielt es noch ein launiges Schwätzchen, das wegen der nicht geringen Hörprobleme des Gatten recht laut ausfiel. Die Nachbarn witterten einen handfesten Streit, fürchteten um die Unversehrtheit der Frau und alarmierten die Polizei. Matt Hughes verbrachte die Nacht hinter Gittern. Wäre er wenigstens mitsamt dem Ehegespons in einem schalldichten Hochsicherheitstrakt untergebracht worden, hätten die beiden vielleicht die einzige ungestörte Nacht ihres Lebens verbracht.

Finsterste Nacht herrscht mitunter in den Köpfen von Entertainern. Wie anders ist es zu erklären, dass der 56-jährige Herman van Veen in einer Fernsehshow den seltsamen Wunsch äusserte, er wolle mit seinem Rasierapparat beerdigt werden, und die noch rätselhaftere Begründung nachlieferte: «Man weiss nie.» Weiss man nie, ob Scherzkekse selbst nach dem Tod keine Ruhe geben oder ob ihr Ruhm so vergänglich ist, dass keiner ihr Grab pflegen will und also das Unkraut vom Bestatteten eigenhändig abrasiert werden muss?

Richard Harries, der Bischof von Oxford, wüsste bestimmt Rat, denn er kennt sich in merkwürdigen Dingen aus. Eben exorzierte er ein Fussballfeld, auf dem ein böser Fluch lag: Der Klub Oxford United hatte auf dem Rasen in 17 Spielen 13 Niederlagen eingesteckt. Seit der Bischof das Feld mit Weihwasser besprenkelte und Gott bat, «diesen Ort vor allem Bösen» zu bewahren, hofft der Drittligaverein auf siegreichere Begegnungen. Es könnte allerdings gut sein, dass auch in diesem Fall der Teufel im Detail liegt, nämlich in der Ballfertigkeit der Spieler.



Von Marianne Fehr