Claudia Bockholt schrieb am 25.02.02 in der Zeitung Mittelbayerische

Applaus für wunderbaren Mann
Der poetische Zauber des Herman van Veen strahlt im Audimax



REGENSBURG.
Da steht er, in der rechten Hand eine Unterhose schwenkend. Ein Rosenblatt klebt auf der von wirrem Haar umkränzten, schweißnassen Stirn ? die Menschen lachen laut, dann lauschen sie wieder still. Herman van Veen ist ein ernsthafter Clown. Der, fliegenden Torte begegnet er mit Würde und Weisheit. Er kalauert, trippelt, tänzelt, brüllt und kiekst ? und fällt nahtlos ein in das Lied vom Mann, der so gerne sterben wollte. Für ihn wurde das viel strapazierte Wort vom Lachen, das im Halse stecken bleibt, erfunden. Er bürstet die Seelen seiner Zuhörer gegen den Strich ? und glättet sie mit dem Balsam seiner Poesie.

Fast 20 Jahre ist es her, dass der Holländer auf seiner "Signale" ?Tour im Audimax gastierte. Sein Publikum ist mit ihm älter geworden. Neben den Mittfünfzigern, die so gerne "Ich hab' ein zärtliches Gefühl" hören, saßen immerhin ein paar aus einer anderen Fangeneration. Kinder, die auf ein Lied von der kleinen Ente Alfred J. Kwak aus Großwasserland warteten. Enttäuscht wurden sie alle und doch gleich wieder versöhnt. Die Verpackung war eine andere, doch die Substanz die selbe. Van Veen kam zwar ohne die alten Recken Erik van der Wurff und Nard Reijnders, dafür mit einem mehr als nur ansehnlichen weiblichen Background: Zwei Geigerinnen, darunter Jann, die gleichzeitig eine wunderbare Stimme hat, die formidable Edith Leerkes an der Konzertgitarre und die vielseitige Pereussionistin Wieke Garcia. Von ihnen ließ sich Herman recht gerne gelegentlich die Show stehlen.

Neue Gesichter und, mit wenigen Ausnahmen, auch nur die Lieder der neuen CD "Was ich Dir singen wollte". Mit ihr kehrt der 56?Jährige zu den Anfängen zurück. Kein Anti-Bomben?Bombast mehr. Stattdessen, nach "Anne", wieder ein Lied an die eigene Tochter. "Hab' ich schon erzählt, dass ich Opa geworden bin?". Nein, aber man dankt ihm die Neuigkeit mit Applaus. Anbiedernd wirkt van Veen dabei nicht. Er gibt sich nicht Preis. Was er uns singt, das ist nicht sein, sondern das Leben schlechthin: Lieben, die sich überlebt haben, Ängste, die uns plagen, Gedanken an den Tod...

Dem Sterben räumte van Veen am Samstag beklemmend viel Raum ein. Über aller Clownerie schwebte Traurigkeit. In manchen Momenten wirkte der Stimmgewaltige müde. Das lag nicht nur an der Erkältung, die ihn plagte. Falten und Stimme sind tiefer geworden, das Blau der Augen blasser. "Wenn mein Gesang nicht mehr gehört wird, weil er kaum einem noch was sagt..." heißt es im neuen Lied "Marie Louise". Eine dunkle Ahnung?

Keine Ahnung, denn schon schnellt er hoch, spielt Panflöte auf den Fingerspitzen, juxt mit Jann, erzählt mit weichem Akzent seine schönen Geschichten. Den Konsonanten nimmt er ihre deutsche Härte. Niemand sagt "Popkonzert" so wie er, niemand versprüht bei "Nietzsche" so viel Spucke."

Der Abend ist zu schnell vorbei. Immer wieder holen die Oberpfälzer den wunderlichen, kahlen Mann auf die Bühne zurück, verneigen sich mit stehenden Ovationen. Van Veen dankt mit Zugaben und einem Kompliment: "Es war schön heute".