Antje Walther schrieb am 23-05-2005 in den Flensburger Nachrichten



"Hut ab!" vor Herman van Veen



Vor 1200 begeisterten Besuchern im Deutschen Haus zeigte Herman van Veen sein neues, Bühnenprogramm "Hut ab" - es war ein Abend voller Poesie, Clownerie und Musik.


Wo Herman seinen Hut hinwirft, da ist sein Zuhause. Wie am Sonnabend im Deutschen Haus mit 1200 Mitbewohnern, die im laufe des Abends Freunde werden. Die Bühne ist seine Spielwiese und alles, was hier steht und fällt, ein Spielgerät. Ein Kontrabass dient als Hocker, ein Hocker als Trommel, ein Tisch als Schlagzeug. Seine Spielgefährten hat der Niederländer nicht gesucht, nur gefunden.
Die können alles, sind so präzise, probierfreudig, sensibel wie er selbst. Erik van der Wurff begleitet den Sänger, Spieler, Kabarettisten am Flügel und Bass fast ein Leben lang, seit beide in Utrecht Musik studierten. Mit Gitarre und Geige erklimmen Edith Leerkes und Jannemien Cnossen fingerfertig die Tonleitern. Die gerade 27-jährigr Wieke Garcia zupft auch, und zwar die Harfe, trommelt auf jedem Hohlkörper und belebt sogar den Dudelsack.
Abwechselnd wetteifern sie jeder gegen jeden, alle für alle, duellieren sich, harmonieren in herrlichem Gesang, lassen im Quintett Musiklawinen in den Saal rauschen und spanisches Temperament spüren. Mitunter entstehen Harmonien von der Sorte, die nie ausklingen sollen.

Tun sie es doch, wird der Verlust von Poesie und Ironie des Querdenkers und Gerade- heraussagers aufgefangen. Bei ihm gibt's "Brot mit Fisch, vielleicht macht Brot erfinderisch", "will jeder Zug nach Paris", heißt Fatima mit Nachnamen "Morgana" und ist nicht verhüllt, sondern "verpackt". Manchmal bleibt einem das Lachen im Halse stecken, wenn in der afrikanischen Variante eines Wiegenliedes das Kind in den Armen der Mutter schön tot ist. Krieg bewegt Herman van Veen, und er die Menschen, Christen, Muslime, Deutsche und Niederländer, deren Beziehungen auf einem Spiel zu basieren scheinen. Und immer wieder sind Kinder sein Thema - ist er auch mit 6o doch selbst noch eines. Er, der Vater von Alfred J. Kwak, ein nachdenklicher junge und alberner Opa zugleich, mit noch keinen oder fast keinen Haaren mehr: "Hab' ich schon erzählt, dass ich Opa geworden bin?" Hat er? "Mein Enkel ist jetzt fünf." Er hat und wird es wieder tun. Den Kleinen und die Großen zum Lachen bringen mit seinen bezaubernden Tricks oder als russischer Pianist Igor, der sogar mit heruntergeklapptem Klavierdeckel ohne Worte brilliert und dabei eher an einen Clown erinnert. Melancholisch ist van Veen immer mal wieder. Aber hat er vor 30 Jahren auch so oft ans Ende gedacht? Die Flensburger wollen weder von seiner Endlichkeit noch von der Vorstellung etwas wissen und bitten fast bockig um Nachschlag. Seit Herman van Veen am Bühnenrand mit Edith und baumelnden Beinen gesessen und gesungen hat, hört jeder auf zu zählen, wie oft der Vorhang den Blick frei gibt auf den singenden, sich aus- und umkleidenden, verschwindenden Herman. Bis bald, tot ziens.