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Jens Potschka

„Schau, hör, schnupper..."



Herman van Veen wird am Montag der Cuxhavener Joachim-Ringelnatz-Preis für Lyrik verliehen

21 juni 2021

Dem niederländischen Singer- Songwriter, Violinisten, Schriftsteller, Clown und Schauspieler Herman van Veen wird am kommenden Montag in der Döser Kugelbake-Halle der Cuxhavener joachim-Ringel- natz-Preis für Lyrik in der Sparte Musik verliehen. Aus diesem Anlass führte Redakteur Jens Potschka mit dem Schöpfet des Songs .Ich hab' ein zärtliches Gefühl' und dem geistigen Vater der Zeichentrick-Ente Alfred Jodocus Kwak ein Interview.



Herr van Veen, sie sind Preisträger des Cuxhavener Joachim-Ringelnatz-Preises für Lyrik. Welche Verbindung haben Sie als Künstler und Holländer zu Ringelnatz?

Für mich ist Ringelnatz ein entfernter Verwandler, ein entfernter Opa. Dessen Spuren ich kaum kennengelernt habe.

Ihre Konzerte sind eigentlich vertonte, theatrale Lyrikabende, Ihre Sprache ist blumig und facettenreich anders. Gab es bei Ihnen zuerst die Liebe zur Musik, oder war da zuerst die Lyrik - entwickeln Sie zuerst den Text oder die Melodie? Die Musik, die Stimme meiner Mutter, die wie eine Königin summen konnte. Wenn sie sang, fühlte ich mich ultimativ daheim. Musik gibt es da immer. Das Bewusstsein kam mit den Worten, letzt ist es andersherum. Der Rhythmus der Sprache schreibt die Melodie.

in Ihren Konzerten sind Sie gleich in fünf Sprachen auf der Bühne unterwegs. Gibt es neben dem Holländischen eine Sprache, die Ihnen nah ist? Von den Fremdsprachen, die ich spreche, ist mir die deutsche am meisten vertraut. Das liegt an den Kilometern. Ich trat außer in den Niederlanden nirgendwo so oft auf wie in unserem Nachbarland.

ln vielen Ihrer Texte lassen sie der . Poesie und ihrer ganz eigenen Sprache freien Lauf und degradieren die Logik zu einer Nebenerscheinung. Das Gros Ihres Publikums ist mit Ihnen in die Jahre gekommen. Erreichen Sie mit ihren Werken heute auch das jüngere „digitalisierte" Klientel? Die Logik ist nicht weniger der Veränderung unterworfen. Alles zeigt sich doch immer wieder anders. An erster Steile der Sprachgebrauch. Das stellt ragen. In jeder Antwort steckt dann hoffentlich eine neue Frage. Und was die Kinder anbetrifft: wenn das Saallicht ausgeht, sehe ich natürlich das. was von meiner Generation übrig ist. Ihre Kinder und zum Glück auch Enkel. Das liegt meiner Meinung nach daran, dass ich immer wieder auch für sie schreibe. Lässt sich übrigens nicht vermeiden - mit drei Enkeln.

Sie lassen das Unmögliche anklingen, finden Metaphern für Utopien und machen Wörter zu Pamphleten für das Phantastische, das Philosophische und die Liebe. Sehen Sie Ihre Kunst auch als Provokation zum Andersdenken? Nicht als Provokation, sondern als Einladung, als Option, als eine andere Sicht.

Ihre Arbeit für Kinder ist eine Aufforderung zum Anderssein, mutig seinen Weg zu gehen und ein auch immer wiederkehrendes Signal, sich auf das große „Abenteuer Leben" einzulassen. Was würden Sie heute den Kindern dieser Welt gerne mitgeben? •' Schau, hör, schnupper. Bevor du was auch immer...

Legendär ist ihre Musikfabel von Alfred Jodokus Quak, wie der Enterich vor seiner Fernsehkarriere noch hieß, dabei fällt immer wieder auf, dass sie sich niemals bei ihrem jungen Publikum angebiedert haben. H3ben Sie das bewusst vermieden oder hat es sich in der Arbeit so ergeben und ist dies so vielleicht auch ungewollt zu einem solchen Erfolg geworden? Alfred hört nie auf. in welchem Märchen auch immer, zu fragen: Warum? Warum ist das so? Warum machen Sie das so? Warum sagen Sie das so? Warum schweigen Sie das so? Fragen, nicht anders als die von Kindern. Vielleicht macht ihn das, neben der Qualität seiner gezeichneten Figur natürlich - gelb wie die Sonne mit seinem signalroten Schal - so bemerkenswert.

Vor einigen Wochen ist Ihr neues Buch „Es regnet im Radio - Von Liedern und Erinnerungen" erschienen. Wie man lesen kann, denken Sie nicht ans Aufhören. Welche Projekte stehen in der nächsten Zeit bei Ihnen an? Ich habe durch Covid sehr viele Vorstellungen aufzuholerrltvRe!- gien. den Niederlanden, England. Frankreich. Amerika. Deutsch- Europa. Danach bin ich mit der Vorbereitung zweier Ausstellungen beschäftigt, habe auf dem Bauernhof alle Hände voll zu tun. schreibe eigentlich in det, Zwischenzeit vor allem Gedanken auf und arbeite mit jungen Menschen immer wieder in unserem Kunstzentrum.

Sie haben unter anderem über 60 Bücher geschrieben und über 140 Tonträger veröffentlicht - welches war die beste Entscheidung in Ihrer Karriere? Es immer wieder wissen zu wollen

Im Alter werden die meisten Menschen etwas ruhiger. Worüber können Sie sich heutzutage richtig aulregen, was bringt Sie auf die sprichworliche Palme? Die An und Weise, auf die siele Menschen mit der Erde und dem. wTas darauf lebt umgehen. Menschen. die ihren Lebensraum für ihr Eigentum halten.

Sie kommen in der ganzen Welt herum. Wenn Sie eine berühmte Persönlichkeit treffen könnten, welche wäre es und warum? Ich weiß, dass es nicht möglich ist. aber wenn es möglich wäre: Johann Sebastian Bach. Für mich ist er alles.

Am 21. Juni wird Ihnen in Cuxhaven der Joachim-Ringelnatz-Preis für Lyrik verliehen. Auf was dürfen sich die Gäste der Preisverleihung in der Kugelbake-Halle freuen? Ich bereite etwas Fröhliches vor. Etsvas, das gut für ein Lächeln ist. Herr van Veen, ich bedanke mit herzlich für das Interview'!



Jens Jurgen Potschka