Remco Ubbels schreef 20 december 1999 in de Mitteldeutsche Zeitung

Ernster Harlekin wird ein Heiliger



Holländischer Entertainer begeisterte mit einer Weihnachtsgeschichte der Superlative in der Marktkirche

"Alles wird anders. Nur die Veränderung bleibt." Mit Weisheiten wie dieser, versucht Herman van Veen schon von je her, sich und anderen die Welt zu erklären. Dass er aber auch selbst nicht still steht, bewies der holländische Entertainer am Freitagabend in einer vom Andrang seiner Fans schier aus ihren Nähten platzenden Marktkirche.

Sein neues Programm wurde als eine Weihnachtsgeschichte angekündigt. Und tatsächlich fing Erzähler van Veen mit augenzwinkerndem Seitenblick auf Jesus an, über seine Schwester Maria zu berichten, die sich - was für ein Zufall - in einen Zimmermann verliebt hat.
Auf van Veens ausdrücklichen Wunsch fand das Programm in einer Kirche statt. Die Marktkirche sorgte zwar für Atmosphäre, doch die Temperatur ließ selbst den von warmen Scheinwerfern umgebenen Künstler nicht unberührt: "Meine Geige wird immer kleiner, bei der Kälte hier" meinte der für seinen trockenen Humor bekannte van Veen.


Wer van Veen kennt und seine einzigartige Kunst, Geschichten zu erzählen, war sicher nicht erstaunt, dass ihm keine bibelgetreue Fassung der Geschichte von der Geburt des Christkindes vorgesetzt wurde. "Ich nenne mein Kind Gottes Sohn. Aber was, wenn es ein Mädchen wird?" , fragte sich Herman in der Rolle Josefs. Mit einem Jubelschrei inklusive Tremolo, der eines Pavarotti würdig gewesen wäre, verbreitete van Veen die stolze Botschaft. Damit das Erscheinen des Neugeborenen auch richtig gefeiert wird, scheute der Allroundkünstler weder Kosten noch Mühen. Vier Ballerinen tanzten wie entfesselt nach der Musik der in Klemmer-Manier aufspielenden, erstklassigen Band. Zwei auch optisch umwerfende Geigerinnen wirbelten um den ebenfalls sehr tapfer Violine spielenden van Veen über die Bühne.

Als Extra-Trumpf trat Sängerin Lori Spee auf. Die in Holland erfolgreiche Engländerin mit der zarten Stimme bekam von Publikum viel Beifall, obwohl ihre Popmusik-Einlagen in das eher archaische Musikprogramm nicht ganz hinein passten. Als Intermezzi sang der "nicht mehr nur in Deutschland" weltberühmte van Veen Weihnachtslieder in mehreren Sprachen. Seine warme Stimme mit gefühlvollem Timbre schien da ganz in ihrem Element.

Und natürlich auch wieder beim Welt-Erklären: Wie jemand zum Heiligen wird, beschreibt der Holländer so: "Jemand verkündet, dass er einen Weg zum inneren Frieden gefunden hat. Aus Eifersucht wird er getötet. Doch dann sehen seinen Mörder einen friedlichen Ausdruck auf dem Gesicht des Toten und sprechen ihn heilig.'' Van Veens originelle Sichtweisen setzten immer wieder Akzente. So behauptete er, Bäume seien nur für den Wind geschaffen und Schneeflocken Gottes interessanteste Erfindung. Er bat das Publikum, durch die Böschungen nach Hause zu fahren, weil auf den Straßen die meisten Unfälle passieren.

Passend zu Weihnachten hielt der Romantiker ein Plädoyer dafür, seinen Feinden zu erzeihen.
Mit eindrucksvollem Bühnenbild, bis ins letzte ästhetische Detail überzeugend, stellte der ernsthafteste Harlekine eine Weihnachtsgeschichte der Superlative vor. Und wer weiß, vielleicht spricht ihn sein begeistertes Publikum noch mal dafür heilig.



- Halle - - 20.12.1999


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