Martin Jasper schrieb am 20.05.2005 in der Braunschweiger Zeitung



Auf einem Boot aus Sehnsucht Richtung Kindheit



Der niederländische Unterhaltungskünstler Herman van Veen mit seinem neuen Programm in Braunschweig


Herman van Veen ist ein absolut liebenswertes Fossil. Mit nichts als einer Geige und einer zerbrechlichen Stimme gegen den Irrsinn dieser Welt. Das beinahe ausgestorbene ganzheitlich-lebensweltliche Gegenmodell zur herrschenden Stromlinienform.

Ein Tänzer auf dem Seil zwischen Sentimentalität und Sarkasmus, zwischen Utopie und Ulk. Manchmal stürzt er ab. Ins moralische Politisieren oder in ein etwas plattes Entertainment - etwas wenn er sich fahnenschwingend in deutsch-niederländischer Fußball-Versöhnung versucht.
Doch zumeist gelingt es ihm, sein Pathos mit einem Schuss augenzwinkernder Albernheit und musikalischer Spielfreude auszutarieren.

Oft folgt auf die sanfte Phrase eine harte Pointe. Etwa wenn er ein einfach schönes Lied über die Rätsel der Kinderseele singt mit dem Refrain "Wieg' es sanft in deinen Armen, bevor du es merkst, ist das Kind schon groß". Dann kündigt er die afrikanische Version an. Man denkt: jetzt kommt ein Spaß. Aber dann kommt die Zeile "...bevor du es merkst, ist das Kind schon tot".

"Boote aus Sehnsucht fahren Richtung Kindheit, doch das Haus gehört 'nein anderen", singt der 60-Jährige und: "In den Augen meiner Mutter war immer ein Leuchten". In den anrührenden, trocken pointierten Geschichten, die er einstreut, wird spürbar: Die Ironie und die Melancholie, die Bitterkeit und Lebensfreude dieses Mannes haben ihre Kraftquelle in einer ramponierten Kindheit. Davon singt und erzählt er in seinem neuen Programm.

In der fast ausverkauften Braunschweiger Stadthalle gehörte ihm bereits vor Redaktionsschluss die große Sympathie des Publikums.