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KAI SCHIERING

Clowneske Wanderungen

Herman van Veen zieht im Theater am Aegi mit seinen schönen alten Liedern

30 nov 2019

HANNOVER. Auf roten Socken trippelt Herman van Veen über die Bühne im Theater am Aegi. Clowneske Wanderungen - oder eine „kleine Choreografie", wie der 74-jährige Niederländer seine „funny walks“ nennt. Es ist der erste von drei ausverkauften Abenden, und „so gut, wie es früher war, ist es 'früher nie gewesen!“ Sagt er.


Van Veen ist immer sehr humorvoll, gern frivol, und selbst die tragischen Geschichten über Tod und Alter behandelt er mit viel Witz. Vor 48 Jahren spielte er das erste Mal in Hannover: „Einige der damaligen Zuschauer sind schon zu Staub zerfallen", merkt er trocken an und pustet selbigen von seiner Geige. Doch trotz dieser langen Tradition und Freundschaft mit Hannover klingt Herman van Veens Musik zeitlos und modern.

Wie seine kleine, feine Band: Drei Frauen spielen an seiner Seite - die wunderbare Edith Leerkes an der Konzert-Gitarre, Wieke Garcia, Perkussion, Schlagzeug und Harfe, sowie Jannemien Cnossen an der Geige. Van Veen nickt seinen Musikerin-nen immer wieder aufmerksam zu. Bassist Kees Dijkstra ist nicht nur für einen herrlich selbstironischen Running Gag mit dem cholerischen „Meister“ gut, sein Bassausflug ist so virtuos wie schnell gespielt.

Herman van Veen ist ein Universal-Entertainer und Geigen-Derwisch. Die Duelle mit seiner Geigenpartnerin Jannemien sind famos, das ausgefeilte Programm ist etwa zu gleichen Teilen in deutsche und niederländische Lieder aufgeteilt.
„Geh nicht zurück“ und „Liebe hat was Verrücktes“ bringen das Publikum zum Seufzen, „Warum bin ich so fröhlich?“, der Alfred-J.-Kwak-Song wird mit viel Gelächter belohnt, Erwachsene werden wieder jung.

Die Band bekommt genug Raum für ihre Eigendarstellung, Szenenbeifall gibt es für „Suzanne“ von Leonard Cohen. Der melancholische Superhit wurde kongenial eingedeutscht und ist mit dem Original auf Augenhöhe. Die Rock-’n’-Roll-Klassiker „Tutti Frutti“ und „Roll over Beethoven“ sind überraschend und wild, dazu kommen immer wieder leichte Ethno-Spuren und starke Folk-Momente.

Van Veens verrücktes Dada-Pianosolo beeindruckt mit lauten Attacken. Leise Töne, geistreiche und nachdenkliche Worte geben das Gegenstück: „Auch ohne Mama wird es wieder viertel nach Sieben“. Da war er wieder, der Tod. Nach einem Drum-Solo und silbernem Konfetti-Regen gibt es einen Blick in die Zukunft: „Wenn die Welt sich um zwei Grad erwärmt, kommen 17 Millionen Niederländer nach Deutschland!“.

Das wäre nicht die schlimmste Vorstellung.



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