Sud Deutsche Zeitung
Jürgen Moises

Herman van Veen in der Philharmonie

14 apr 2019

Was kommt nach dem Tod? Die Rechnung. So hat angeblich Herman van Veens Mutter die vielleicht größte aller Fragen beantwortet, die nicht nur Theologen, Philosophen, sondern am Ende jeden von uns umtreibt. Weil in dieser Antwort nicht nur Humor, sondern auch Lebensklugheit steckt, könnte sie genauso von dem niederländischen Liedermacher, Schriftsteller, Maler und Clown selbst stammen.
Denn das Schwere leicht klingen zu lassen und gewitzt und hellsichtig über Krankheit, Alter und Tod, aber auch über die schönen Dinge des Lebens zu singen: Das ist die große Kunst des mittlerweile 74-Jährigen, der mit seinem neuen Album "Neue Saiten" und dem neuen Buch "Solange es leicht ist" im Gepäck in der vollen Philharmonie auftrat.



Die Anekdote mit der Mutter gehörte dabei zu einer Reihe von autobiografischen Texten, die dem wunderbaren, fast dreistündigen Auftritt seine Klammer gaben. Und die gleichzeitig die in den Liedern angeschlagenen Motive vertieften. Van Veen trug diese ganz in Schwarz, mit warmem Bariton, an Geige, Klavier sowie an Bluesharp, Schlagzeug und Cajón vor, in Begleitung einer hervorragenden Band: Edith Leerkes an der Gitarre, Jannemien Cnossen an der Violine, Kees Dikstra am Bass und Wieke Garcia an der Harfe und verschiedenen Percussion-Instrumenten.

Neben neuen Liedern wie "Schreib mir", "Zu haben wollen" oder "Was fast verrücktes" standen dabei natürlich auch Klassiker wie "Anne", "Hier unten am Deich" und "Kleiner Fratz" auf dem Programm in der Philharmonie. Ergänzt durch ein Potpourri aus internationalen Coversongs, bei denen van Veen meist seine Mitmusiker glänzen ließ. Eine Ballett- und Jodel-Einlage oder eine herrliche Opern-Persiflage, die gab es auch noch.
Da schlug dann der Clown Herman van Veen durch, der nicht nur den Unbilden des Lebens trotzt, sondern auch der Kultur ihren unnötigen Ernst nimmt.

An einem Ort wie der ehrwürdigen Philharmonie wirkt das gleich doppelt so erleichternd.



Jürgen Moises