Berliner Morgenpost
ULRIKE BOROWCZYK

Sänger, Clown und Poet:

Van Veen im Admiralspalast

13 dez 2019

Mit 74 Jahren sieht man vieles nicht mehr so eng. Und Herman van Veen war schon immer ein Künstler, der lieber eine Pointe mitnahm, als die Form zu wahren. Jetzt zupft er an seiner Hose herum und erklärt knochentrocken: „Ich weiß nicht, was das ist. Immer, wenn wir in Berlin spielen, krabbelt meine Unterhose nach oben.“
Eine Frau im Publikum verschluckt sich hörbar an ihren Lachtränen. Nicht das erste Mal an diesem Abend. Dabei erweist sich van Veen auch als Meister der Melancholie. Mit Erinnerungen an seine verstorbene Mama, die tieftraurig stimmen ob des Verlustes. Ihr hat er das berührende Chanson „Schreib mir“ gewidmet. Darin schwingt trotz allem Trost und Hoffnung mit.



Nur einer der wunderschönen Songs aus seinem neuen Album „Neue Saiten“. So hat der holländische Tausendsassa auch seine aktuelle Tour durch den deutschsprachigen Raum genannt. Damit feiert er sein 45-jähriges Bühnenjubiläum hierzulande. In Berlin tritt Herman van Veen gleich viermal im Admiralspalast auf. Der fulminante Auftakt lässt vermuten, dass manch einer, der dabei war, sich noch schnell Tickets für die restlichen Abende sichert.

Eine Konstante indes ist seine vierköpfige Band. Mit der Sängerin und Geigerin Jannemien Cnossen, der niederländisch-spanischen Perkussionistin und Harfinistin Wieke Garcia sowie dem jungen Bassisten Kees Dijkstra und der fabelhaften Gitarristin Edith Leerkes. Sie arbeitet schon seit 1998 mit van Veen zusammen. Bestimmt mit ihm auch über weite Teüe den Sound des Abends. Der ist vornehmlich akustisch, filigran. Mit einer enormen Bandbreite an Stilen und Stimmungen. Vom beschwingten Gypsy-Swing über wehmütigen Fado bis hin verträumten Chansons.

Herman van Veen lässt seinen Musikern viel Raum für eigene Soli, kann aber auch selbst auf ein riesiges (Euvre zurückgreifen, singt selbst rund drei Dutzend Songs. In den 54 Jahren seiner Laufbahn hat der 1945 in Utrecht geborene Künstler schließlich sage und schreibe über 180 Alben und rund 60 Bücher veröffentlicht.

Zudem ist der vielfach Preisgekrönte der Erfinder von Zeichentrick-Ente Alfred Jodocus Kwak. Deren Jierühmtes Lied „Warum bin ich so fröhlich“ singt er auch. Allerdings nur aufgrund einer schriftlichen Bitte, die er in seiner Garderobe gefunden hat: „Lieber Herr van Veen, wir sind widerwillig mit Ihrem Werk aufgewachsen. Unser Vater ist Ihr größter Fan.“ Da kann man natürlich nicht Nein sagen.



ULRIKE BOROWCZYK