Peter Gnaiger schrieb am 19.01.1999 in den Salzburger Nachrichten

Ein Wechselbad der Gefühle



Erleben Sie einen mitreißenden Abend mit Hermann van Veen im Kleinen Festspielhaus



"Der Mann ist sexy. Manchmal nur, dann aber richtig. Ist zärtlich und verspielt, burlesk und ganz ohne Allüren, jedem bekannt, aber kein Star, reißt Kalauer und liebt den subtilen Witz. Läuft im Trainingsanzug durch noble Hotel-Foyers und halbnackt über die Bühne, lacht wie ein Kind und redet dabei wie ein weiser, alter Mann", schrieb Stefan Krulle nach einem Gespräch mit Hermann van Veen im Oktober 1997. Was ist das für ein Mann, der binnen kürzester Zeit Konzertsäle auf der ganzen Welt füllt und dabei noch nie einen Radio-Hit hatte? Hermann van Veen ist einer jener Künstler, die es verstehen, das Publikum in ihren Bann zu ziehen. In Salzburg kann man sich davon am 26. Februar um 19.30 Uhr im Kleinen Festspielhaus überzeugen. Dann geht es Ihnen vielleicht auch wie Konstantin Wecker, der schrieb: "... Er zieht mich so in seinen Bann, daß ich schon nach kurzer Zeit nicht mehr in der Lage bin nachzudenken. Ich muß mit ihm, mit auf seine phantastische Reise, und da bleibt keine Zeit für Eifersüchteleien, da wird man ganz klein und verläßt nach dem Konzert gerade deshalb als Riese den Saal."

Der sympathische Niederländer wird gemeinsam mit dem Pianisten Eric van der Wurff sein neues Programm "Nachbar" vorstellen. Als Inspiration dazu dienten dem Künstler nach eigenen Angaben die italienische Commedia, die Bewunderung Charlie Chaplins, Nat King Cole, Jacques Brel und Popeye the Sailorman. Wenn das keine Garantie auf einen abwechslungsreichen Abend ist. Seine kindliche Freude am Nonsense, an der zweckfreien Clownerie flackert immer wieder auf. Im Mittelpunkt seiner Konzerte steht aber mehr denn je die Musik. Die Lieder, die gesungenen Worte, die Instrumente, und vor allem seine sanfte und doch so kraftvolle Stimme beherrschen bei seinen zahlreichen Konzerten weltweit den Saal. So gibt es nicht viele Personen, denen es bei seinem vielleicht bekanntesten Lied "Ich hab ein zärtliches Gefühl" nicht kalt über den Rücken läuft. Daß Hermann van Veen nicht nur in den Niederlanden und im deutschsprachigen Raum für geistreiche und humorvolle Unterhaltung steht, sondern auch in Belgien, Frankreich, England, USA und Kanada sein Publikum zu Begeisterungsstürmen hinreißt, liegt auch an seiner Vielsprachigkeit. Siebzig CDs in vier Sprachen hat der Künstler schon aufgenommen. Doch das Multitalent Van Veen beschränkt seine Aktivitäten nicht nur auf das Live-Programm und seine Plattenaufnahmen. Er komponiert Film- und Ballettmusik, und im Bereich Theater und Film arbeitet er als Regisseur und Schauspieler. Zahlreiche Kinderbücher und Drehbücher für Fernsehserien - zum Beispiel die Zeichentrickserie des inzwischen weltberühmten Alfred Jodokus Kwak - stammen aus seiner Feder. Ein Teil der Einnahmen dieser Serie kommt der Stiftung Colombine, deren Mitbegründer Van Veen ist, zugute. Sie finanziert Projekte in Entwicklungsländern und in Europa unter dem Motto: "Die Welt teilen". Auch einen Fonds zur "Stimulierung unterprivilegierter Kinder" hat er errichtet. Dabei läßt es sich der Künstler nicht nehmen, sich selbst von den Früchten seiner Arbeit zu überzeugen. Kürzlich baute er mit "Gleichgesinnten" das Colombinehaus für Kinder, die hier nach Krankheit, Flucht und anderem Elend wieder Wärme und Ruhe finden. "Ein Spaziergang durch dieses Gebäude ist wie ein kleiner Weltenbummel. Schön ist, daß Mai in diesem Gebäude arbeitet. Sie war das erste Colombinekind. Sie flüchtete damals mit ihren Brüdern und ihrer Mutter aus Vietnam", erzählt Van Veen. Schön, daß es noch solche Künstler gibt.



Peter Gnaiger