Jürgen Augstein schreeg 17 maart 2001 in Mantel (WAZ)

Friedenslied vom Harlekin
Herman van Veen tourt durch NRW



Herman van Veen - Sänger, Clown, ich weiß es selbst nicht - ist wieder da. Im neuen Programm geben die Frauen den Ton an.

Bei seinen letzten Tourneen war er oft in kleiner Besetzung aufgetreten: mit Erik van der Wurff am Piano und Nard Reijnders an Saxofon und Klarinette. Auf der neuen Tour begleiten ihn neben van der Wurff mit Edith Leerkes (Gitarre), den Geigerinnen Jann und Maria-Paula Majoor, Wieke Garcia (Percussion, Harfe) und Thomas Dirks (Bass) fünf hervorragende Instrumentalisten.

Der sanfte Holländer mit der starken Stimme liefert sich feurige Violinduelle mit seinen Musikerinnen. Dass sie sich auch optisch gut neben dem 56-Jährigen machen - wohl kein reiner Zufall. Auch das Programm (Was ich dir singen wollte) ist wirklich neu. Wer im Konzert alte Hits erwartet, dürfte enttäuscht sein. Selbst das unvermeidliche zärtliche Gefühl, ohne das ihn die Fans hierzulande sonst nicht von der Bühne lassen, fehlt.

Van Veen, der Kosmopolit, ist zurückgekehrt; erzählt von der Kindheit in Utrecht, vom Vater, mit dem er ins Badehaus geht, singt von Amsterdam-Süd, Flussviertel, einer der schönsten Titel der neuen, nur in den Niederlanden erschienenen Live-CD Carré. Sie wurde im gleichnamigen Königlichen Theater in Amsterdam aufgenommen.

Van Veen selbt ist der Alte geblieben: mal Clown, der wie eine Sopranistin trällert und vor lauter Unsinn mitunter das Singen vergisst, mal Harlekin, der funkelnde Sterne in die Luft wirft, mal Brutalo, der mit Puppen Baseball spielt, mal Priester, der mit fester Stimme sein Kyrie Eleison spricht. Eine Botschaft lautet: Ohne Frieden kann keiner leben - ob reicher Knacker oder armes Aas.

Van Veen weiß um seine Wirkung, wenn er wie verloren vorm Publikum steht, mit einem zu kleinen Hut auf dem blanken Haupt, weißen Handschuhen und einem aufgespannten Schirm ohne Stoff. Er singt ein jiddisches Lied, er singt Brel, er singt von Magersucht und dunklen Tagen. Doch in seiner Welt sterben nie die Hoffnung und die Träume. Wenn er den Schirm dreht, fängt das nackte Gestänge plötzlich an zu leuchten.



Jürgen Augstein





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