Hartmut Sassenhausen schrieb am 17. Februar 2001 in der WUPPERTALER ZEITUNG
Stadthalle: Herman van Veen als dummer August und weiser Mann
Clown,Harlekin und ein beharrlicher Humanist
20.10 Uhr, die grosse Saalbeleuchtung der Stadthalle ging aus, auf der Bühne
warnur der Flügel angestrahlt.
Erster Begrüsungsapplaus, als sich Erik van
der Wurff an das Instrument setzte, leise das erste Stück anstimmte. Die
anderen fünf Bandmitglieder kamen hinzu. Dann schliesslich stand er vorne am
Mikrophon, ganz in Schwarz gekleidet, nahm seine Geige zur Hand, und los ging
es mit einem Programm, das jedes Herz häöher schlagen liess. Endlich war Herman
van Veen auch einmal in Wuppertal, um deutlich zu machen, "was ich dir singen
wollte".
Herman van Veen ist immer noch der alte unverbesserliche Clown, Harlekin, der
singt, tanzt und Musik macht. Mal gibt er sich wie ein dummer August, dann
als weiser Mann. Was van Veen in weit über zweieinhalb Stunden bot, war eine
Mischung aus Satire, Ironie, Ausgelassenheit, Romantik, Melancholie und
Ernsthaftigkeit. Nur ein wenig stiller ist er im Vergleich zu früher
geworden, schlägt nicht mehr so harte Töne an.
Offensichtlich wurde das durch seine Combo. Es gibt keine elektronischen
Instrumente mehr. Geigen, Kontrabass, Harfe, Drehleier, Flügel und eine
reichhaltige Palette an Perkussionsmitteln (etwa ein als Schlagzeug
umfunktionierter kleiner schwarzer Tisch) bestimmten das musikalische
Geschehen. Zu allgemeinen Erheiterung plauderte van Veen aus seiner Kindheit,
zog den Opernbetrieb durch den Kakao, affektiertes Gehabe von Sängern
gnadenlos entlarvend. Er sinnierte über das Pech eines Schutzengels ("Engel
werden alt"), dessen ihm anvertraute Menschen alle umkamen. Er sang traumhaft
schöne Liebeslieder ("Anders anders"), die anrührten. Ernst wurde es, als van
Veen etwa von einem abendlichen Waldspaziergang seines Sohnes und seines
Vaters erzählt und der Enkel schwärmt: "Der schöne Mond",
und der Grossvater antwortete: "Sehr schön, aber du hättest ihn vor dem Krieg
sehen sollen". Das war dann überhaupt nicht mehr zum Lachen.
Herman van Veen ist ein beharrlicher Humanist. Im "Kyrie Eleison"; erzählte
er von einfachen Leuten, die, wenn er König wäre, höchste Auszeichnungen
bekommen würden: die Schwestern, die die Geisteskranken pflegen, oder die
Männer, die den Müll wegschaffen.
Das kam absolut ehrlich über die Bühne. Seine sechsköpfige Truppe begleitete
ihn dabei höchst virtuos, aber dennoch bescheiden. Sie bot eine fantastische
"Unplugged-Show", im wahrsten Sinne des Wortes. Kleine Passagen bestritten
die Musiker allein. Wie sie beispielsweise einen Czardas feurig und schmissig
perfekt zum Besten gaben, löste Jubelstürme aus. Zugaben wollten angesichts
der euphorischen Stimmung kein Ende nehmen.
HARTMUT SASSENHAUSEN
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