Rhein Main Presse
Peter Müller.

"Ich bin der, der singt"

HERMAN VAN VEEN Über Genre-Schubladen, sein Konzert in Wiesbaden, die Malerei und einen schmerzlichen Verlust

25 feb 2015

WIESBADEN. Am 24. März feiert er einen runden Geburtstag. Natürlich gemeinsam mit seinem Publikum, in Rotterdam. Zehn Tage später steht der frisch gebackene 70-Jährige dann für sein einziges Deutschland-Konzert auf der Bühne des Wiesbadener Kurhauses. Auf ausdrücklichen Wunsch. Denn in Wiesbaden hat Herman van Veen im Mai 1974 als unbekannter holländischer "Musikant" seinen ersten Live- Auftritt "in einem echten Theatersaal" geübt Gute Gelegenheit für ein Gespräch über das Alter, Genre-Schubladen, die Sache mit der Malerei - und einen Freund, der fehlt.


Herr van Veen, die Frage muss kurz vor dem Siebzigsten natürlich sein: Wie geht es Ihnen? Was macht der Rücken?
Oh, ich scheine genetisch doch ganz gut versorgt - meine Eltern sind ja beide auch Mitte Achtzig . geworden. Ich bin gesund und glücklich - ein Segen, alles funktioniert.
Was macht "de Paitz", ihr historisches Landgut bei Utrecht?
Es wächst und gedeiht, in kleinen Schritten. Wir haben da ein 150 Jahre altes Haus renoviert und in einer Earklandschaft ein offenes Kunstzentrum geschaffen - mit ganz viel Herzblut und noch mehr Arbeit Der Name "de Paltz" stammt übrigens aus Rheinland-Pfalz - zu Zeiten von Friedrich dem Großen, der mit seinen Soldaten hier gerne seine Nichte besuchte. Einige der Soldaten, die eben aus der Pfalz kamen, fanden es wohl so toll, dass sie entschieden haben: Ok, Herr Kaiser, machen Sie weiter mit Ihren Kriegen - wir bleiben hier.
Anno 1974 gaben Sie Ihr erstes Konzert überhaupt in Wiesbaden - nun kehren Sie dorthin zurück. Wie haben diese 40 Jahre Sie verändert?
Ich glaube, ich bin viel ruhiger, glücklicher heute. Ich bin erwachsener geworden. Wissen Sie, wenn man jung ist, scheint die Welt viel grenzenloser, jetzt bleibe ich dichter in der Gegend, näher am Boden.
Aber nebenbei haben Sie sich noch als Maler erfunden. Derzeit gibt es in Kevelaer eine Ausstellung mit 40 Werken zu sehen. Wie kam es dazu?
Von einem Tag auf den anderen. Einfach so, als 60-Jähriger - nachdem ich einen aus einem alten Köfferchert ein paar Habseligkeiten meines Vaters, der Grafiker war, hervorgekramt hatte. Da saß ich dann vor Ausweisen, Pfeifen, Orden oder einem Dan- kes-Brief von Prinz Bernhard - und schaute auf meine gefalteten Hände, die plötzlich denen meines Vaters verblüffend ähnlich sahen. Ich frag" die Hände, was jetzt zu tun sei - und die Antwort lautete -Maler.:". Dann bin ich einfach ans Werk gegangen.
Warm immer über Sie geschrieben wird, spürt man das Ringen um eine passende Schublade Liedermacher,
down, Poet, Kabarettist - Sie sind Ihr ganz eigenes Genre geworden. Wie würden Sie es denn beschreiben? Jaja, ist in der Tat schwierig. Auch für mich. Ich sehe mich vor allem und immer noch als Musikant Ein Mensch, der Musik macht und das Glück hat Texte schreiben zu können. Aber ich finde es auch gar nicht wichtig, wie man einen Künstler plakatiert - viel entscheidender ist die Begegnung, des Publikums mit einem Vertrauten, einem Reisenden, der einer von ihnen ist Ich bin einer von uns - der, der singt Und über seinen eigenen Blödsinn lacht von guten oder eben traurigen Erfahrungen erzählt.
Ein sehr trauriger Moment war 2014 sicher der Tod des Pianisten Erik van der Wurff, mit dem Sie seit der Studentenzeit gemeinsam auf der Bühne standen. Was bedeutet dieser Verlust für Ihre Arbeit?
Ein immenser Schlag. Er war ja acht Jahre an Leukämie erkrankt und wir hatten eigentlich immer die Hoffnung, dass er eine Zukunft hat Dann kam der nächste Krebs, und der war nicht mehr zu besiegen. Innerhalb einer Woche ist es dann zu Ende gegangen - eine unglaublich harte Situation. Ohne tim ist es sehr sehr \ schwer, auf die Bühne zu gehen. Ab und zu kann ich es - dann mag ich mich nicht Ab und zu kann ich es nicht - dann mag ich mich auch nicht Nun Stücke von ihm singen, das geht gar nicht mehr, der Kloß in meinem Hals wäre viel zu groß.
im Kurhaus werden wir Sie also nicht nur mit einer Band aus "jungen Wilden", sondern auch ausschließlich mit neuen Stücken erleben?
Was wir mit den Jungs machen werden, weiß ich ehrlich gesagt selbst noch nicht - es ist ja das einzige Konzert in Deutschland. Und ich bin derzeit noch dabei, einige Texte zu übersetzen, das Programm zu strukturieren. Es wird auf jeden Fall ein besonderes Tages-Menü. Und vielleicht spiele ich ja auch ein paar ältere Stücke - aber nur dann, wenn ich eine neue musikalische Form finde,' die weit weg von Erik ist

IN WIESBADEN
Herman van Veen tritt mit seinem Programm "Echte Männer heißen Herman!" am 24. März ab 20 Uhr im Kurhaus in Wiesbaden auf. Karten zum Preis von rund 48 oder rund 37 Euro erhalten Sie in den Kundencentern dieser Zeitung.



Peter Müller.