Markus Brudereck schreef 15 juni 2005 in WAZ

Märchenhafte Gegenwell zur KZ-Wirklichkeit


Aber nicht alles war neu in Herman van Veens Premiere


Von Markus Brudereck

Herman van Veen ist es gewohnt, in großen Sälen aufzutreten. Für "Windekind" aber, ein Auftragswerk der Philharmonie, wählte er nun erstmals einen intimen Rahmen.
Das Thema seines neuen Liederabends, der nun in der Alten Synagoge und im RWE-Pavülon der Philharmonie uraufgeführt wurde, verträgt auch keine große Geste. Das Schicksal der deutsch-jüdischen Dichterin Selma Meer-baum-Eisinger war tragisch: 1942 starb sie im Alter von 18Jahren in einem ukrainische) Arbeitslager an Typhus.

Die Geschichte der Dichterin hat van Veen nicht merh losgelassen, immer schon plante er eine Hommage an sie Die Vertonung der Original texte wurde ihm vom Inhabe der Rechte untersagt. Das aber kam seinem Konzept nur entgegen: "Windekind" wurde eine märchenhafte Gegenwel zu der von Selma Meerbaum Eisinger, die zugleich auch in die Zukunft weist. Was wäre wenn... Van Veen träumt voi einer fiktiven Begegnung mi ihr in einem Broadway-Thea ter. Auf seinem Hotelzimme: entwirft er, angeleitet von Sei mas sprechendem Bleistift, da; Märchen von Windekind, de bedrohten Schäfchenwolke.

Einer poetischen, sanftverliebten Welt wie der von Meer baum-Eisinger kann man musikalisch vieles gegenüber stellen. Da befürchtet man Beliebigkeit. Nicht alle Lieder mögen für "Windekind" exklusiv und neu aus van Veens Fedel geflossen sein. "Wunderland" kennt man bereits, und "Wenn ich mir was wünschen dürfte' stammt natürlich von Friedrich Hollaender.
"Windekind" ist kein zwingend konstruiertes Kunstwerk, sondern bleibt ganz Van-Veen-Konzert, das oft unter die Haut geht. Der Holländer versteht es, Stimmungen und Gefühle zu wecken - und überzeugt als Sänger wie als Instrumentalist, wenn er zur Geige greift. In vielen Liedern begleitet ihn die Gitarristin Edith Leerkes, temperamentvoll und virtuos. Und die Tänzerin Linda Lindheimer .