Katja Lachnit scheef 15 januari 2003 in Hamburger Abendblatt

Tarzan kommt aus Hamburg

Im Atelier von Harald Siepermann entstehen die Stars der Disney-Filme.

Von Katja Lachnit

Momentan interessiert er sich für preußische Uniformen. Stapel von Büchern hat sich Harald Siepermann (4O) zu dem Thema ausgeliehen, Kriegsfilme angeschaut und im Internet nach Originalfotos gesucht. Die ersten Entwürfe auf Papier hat er fein-säuberlich über seinen Schreibtisch gehängt. "Ich brauche die Uniformen als Outfit-Vorlage für die Magier in der Playstation-Version von Harry Potter. Nächste Woche ist Abgabetermin", sagt Harald Siepermann.

Für den Trickfilmzeichner der erste Auftrag dieser Art, denn normalerweise malt er fürs Kino, für den Hollywood-Giganten Disney. Seine große Fibel ist dann der National Geographic, "weil man da so wunderbare Tiere findet, von denen ich mich inspirieren lasse."

Harald Siepermann ist ein so genannter Character-Designer. "Damit bin ich der Erste, der bei einem Zeichentrickfilmprojekt den Stift in die Hand nimmt und die Figuren entwirft", erklärt er in seiner Altbauwohnung, ganz in der Nähe des Abaton-Kinos in Rotherbaum. Siepermann hat die meisten Figuren von "Tarzan" entwickelt, der Drache "Mushu" in Mulan ist seiner Fantasie entsprungen und auch fast alle Darsteller von "Der Schatzplanet" stammen aus seiner Feder.
Der Vater zweier Kinder (Am-bra 7, und Erik 2), der seinen Arbeitgeber in Los Angeles hat, arbeitet von zu Hause, in einem zwölf Quadratmeter großen Zimmer. "Dank Scanner und E-Mail", sagt er. Das war nicht immer so, noch für Projekte wie "Tarzan" siedelte er für Monate nach Los Angeles um, malte Versionen von Jane, Kerchak und dem Chefgorilla. Seine Frau Belicta (38), die als Illustratorin arbeitet, nahm er mit. "Heute kläre ich alles Geschäftliche per Telefon." Über seinem Schreibtisch kleben Hunderte von Fotos und Zeitungsausschnitte: Gesichter von Schauspielern, wie Hans Albers oder Tiere. Sein persönliches Archiv.

Aufgewachsen ist Siepermann in Hattingen im Ruhrgebiet. "Das Dschungelbuch" war sein Lieblingsfilm. Balu der Bär die Figur, die er heute noch liebt. Gemalt hat er immer schon gerne, "aber nach dem Abitur merkte ich, dass es mir sehr ernst damit ist."

In Essen an der Folkwangschule begann er zu studieren - Kommunikationsdesign. "Trickfilm, das gab es, wurde aber ein bisschen belächelt", sagt der Dozent der privaten animation-school hamburg. Eine Schule, die in einer 14-monatigen Ausbildung alles bietet, um einen kompletten Trickfilm zu erstellen. Während seines Studiums lernte Siepermann Herman van Veen (57) kennen, mit dem er noch heute zusammenarbeitet. "Wir haben die Ente Kwak erfunden, als Comic und TV-Serie herausgebracht", sagt Siepermann. Eine Kinofilm-Version liegt praktisch fertig in der Schublade, "es fehlt nur noch der Startschuss."

Siepermann arbeitete für die Werbung, lernte dort die Leute von Disney kennen. "Roger Rabbit war das erste große Projekt, an dem er mitarbeitete. Er zeigt seine Mappe: "Für mich sind sie irgendwie real. Ich weiß genau, wie, wann, welche Figur wie reagiert. Und die Ente Kwak, das ist eine Mischung aus Herman van Veen und mir", sagt er und lacht.