Elisabeth Höving schrieb am 14. Oktober 2002 in der WAZ (Recklinghausen)

Ein zärtliches Gefühl hat er immer noch





Ein Abend mit Herman van Veen

Klamauk trifft seelenvolle Poesie: Herman van Veen ist da. Seine Fans auch. Mit ihm gealtert, aber auch nachgewachsen. Schon früh hieß es "Ausverkauft" für den Abend "Was ich dir singen wollte" am Freitag im Ruhrfestspielhaus. Am Ende, nach vielen Zugaben: Standing Ovations.

Dabei sang der niederländische Musikclown und Entertainer mit der ach so vertrauten Stimme nicht einmal die alten Songs, die bekannten Ohrwürmer, sondern Stücke von seiner jüngsten CD. Dabei verzichtet der 57?Jährige weitgehend auf den Einsatz von Requisiten, setzt auf Stimme und Körper und auf den Klang seiner ausgezeichneten, fünfköpfigen Begleitband. Gut, hier mal ein poetisch beleuchteter Regenschirm, da eine zauberhaftes Glimmer?Konfetti ins Publikum sprühende Feuerwehrspritze, viel mehr nicht. Ein zärtliches Gefühl, das hat er immer noch, startet seinen Abend mit dem Song "Anders anders" ("Du ich lieb dich, ich lieb dich, ich lieb dich, aber anders"). Erzählt die tiefgründig humorvolle Geschichte von Onkel Frans und dem Rabbi, kramt rührende Kindheitserinnerungen hervor (Als ich das erste Mal mit meinem Vater ins Badehaus ging), singt von dem armen depressiven Menschen, dem der geplante Selbstmord einfach nicht gelingt. Das alles ist sensibel, leise, melancholisch, und es wechselte in perfektem Rhythmus mit clownesken, albernen, tänzerischen und musikalischen Szenen. Da hüpft der Holländer wie ein Riverdancer über die Bühne, zieht sich zum lyrischen Liebeslied eine weiße Unterhose über den Kopf, schwingt das Becken und verschaukelt die Opernwelt mit einer Sterbe-Arie. In einem Afro-Fantasie-Idiom brabbelt er auf einem imaginären Dorfplatz über Gott und die Welt
Dieses Feuerwerk an Unterhaltung geht schnell und kurzweilig über die Rampe, nicht zuletzt wegen fünf ganz exzellenten Musikerinnen und Musikein. Dazu gehört der Pianist Erik van der Wurff, ein langjähriger Begleiter van Veens. Brillant die Gitarristin Edith Leerkes, für Überraschungen gut die Percussionistin Wieke Garcia.

Zum Schluss schüttelt van Veen noch einen Kalauer aus den offenen Hemdsärmeln: "Nehmen Sie auf dem Nachhauseweg die Böschung. Auf der Straße passieren die meisten Unfälle."