Holger Jenrich schrieb am 14.05.2005 in der "Neunen Presse" - Hannover



Junger, alter Narr im Aegi: "Hut ab!"



HANNOVER. Seine Stirn ist ein wenig höher, seine Stimme ein wenig brüchiger, sein Gedächtnis ein wenig löchriger als damals, als unsere Vorgärten noch atomwaffenfreie Zonen waren. Ansonsten aber ist Herman van Veen sich fast beängstigend treu geblieben. Der inzwischen 60-Jährige besingt im Aegitheater seine immer gleichen Themen: Krieg und Frieden, Liebe und Religion, Kindheit und Alter.

Und pendelt zwischen den Polen: Poet und Clown, Dilettant und Virtuose, kleiner Junge, alter Narr. "Hut ab!" heißt van Veens neues Programm: Potpourri aus Scharlatanerie und Folklore, Betroffenheit und Firlefanz. Zweieinhalb Stunden versprüht der Mann aus Utrecht seinen Charme. Er singt im Ping-Pong-Regen und telefoniert mit Gott, bläst imaginäre Pan-Flöten und gibt den Waschbrettbauchgockel, schwenkt Fahnen, erzählt Ratzinger-Witze. Die Fans klatschen, johlen, trampeln. Dulden klaglos, dass er erst im Zugabenteil und ein paar Klassiker singt. Und werden auch in zehn Jahren zu ihrem Helden pilgern, wenn seine Stirn noch etwas höher ist.


Holger Jenrich