Ostfriesen-Zeitung
Werner Zwarte

Ein Künstler, umwerfend gut

9 feb 2013

Herman van Veen trat in der Emder Nordseehalle auf. Der Niederländer und seine Musiker präsentierten eine Show, die das Publikum begeisterte.


Emden - Wenn Herman van Veen auf der Bühne steht, sein Publikum inspiriert, längst vergessene Gedanken weckt, dann hat das was Faszinierendes, Hypnotisierendes, Spirituelles – weil er Kontraste des Lebens aufzeigt, die sich zwischen wortlosem, stummen Entsetzen und clowneskem Entertainment bewegen. Am Donnerstag war der holländische Künstler mit seinen hochkarätigen Musikern in der Nordseehalle in Emden und hinterließ tiefe Eindrücke bei den 1200 Zuschauern.

„Für einen Kuss von Dir“ hieß das Programm, das van Veen präsentierte, eine musikalische Show zwischen Konfettiregen, Glitzersternchen, Zauberkunststücken und viel Philosophie aus der subjektiven Sicht des Allroundgenies, das seit mehr als 40 Jahren auf der Bühne steht und sein Publikum immer wieder mit neuen Gedanken, Liedern und verblüffenden Show-Elementen überrascht. Der Mann tanzt, benimmt sich wie ein Kind, spielt Geige, Gitarre, Klavier und singt Tenor, Bariton und – ja, auch Sopran mit einer umwerfenden Kopfstimme beim „Ave Maria“.

Auf ein bekanntes Gesicht unter den Musikern musste das Emder Publikum allerdings verzichten, van Veens langjähriger Bühnenbegleiter Erik van der Wurff war erkrankt. Dafür waren die anderen allerdings mehr als nur eine Entschädigung. Dass Edith Leerkes an der Gitarre zur Weltspitze gehört, konnte man immer wieder erleben. Jannemien Gnossen hatte ihre Geige dermaßen verinnerlicht, als sei sie Teil der Künstlerin. Aber auch die jungen Talente Dave Wismeijer am E-Bass und Willem Wits mit seiner unkonventionellen Percussion passten zum optischen wie musikalischen Gesamtbild, die das van Veensche Charisma zusammenfügte wie einen theatralen Spannungsbogen. Herman van Veen sang von „zwart en zoet“, davon, dass eigentlich alles anders ist, als der andere denkt, er singt hin und wieder niederländisch, dann ausgeprägt wieder deutsch mit besonderer Betonung der auslautenden Konsonanten, die bewirken, dass gesungene Gedanken Eindrücke hinterlassen. Das gesamte Leben mit schlimmen und guten Momenten, mit Elend und befreiender Hoffnung lässt er Revue passieren. Und das Publikum geht mit, fühlt mit, lacht mit und ist betroffen in Totenstille. „In unserer Straße“ zieht sich durch den ganzen Abend. „Solange es geht“ ist keine Koketterie mit dem Alter, das hat der 67-Jährige bei seiner Dynamik nicht nötig. Dann „Für einen Kuss von Dir“ – das Publikum ist hingerissen.



VON WERNER ZWARTE