Hans von Seggern schrieb am 13.01.2002 im Der Tagesspiegel

Korrekt in Moll

Liedermacher Hermann van Veen im Berliner Friedrichstadtpalast



Es ist schon lange her, als im Lande der Pershings und Pflugschargruppen einmal jemand vom "zärtlichen Gefühl" sang. Wer war das eigentlich? Ein sensibler Poet und Träumer. Gibt's den noch? Herman van Veen hat just sein 50. Album veröffentlicht: "was ich dir singen wollte". Das Cover zeigt den Liedermacher mit einer Geige, die er sich mit Packstrippe vor das Gesicht gebunden hat. "Die Botschaft staubt so trocken, wenn das Wort allein sie bringt. Die Wahrheit ist besser zu ertragen, wenn sie klingt ", heißt es im Titelsong.

Die Bühne im Friedrichstadtpalast ist spärlich beleuchtet. Alles in schwarz. Spot auf den Konzertflügel samt Pianistenkauz. Melancholische Melodien. Alles in Moll. Dazu Geige, Gitarre, Percussion. Van Veen erscheint. Innerlichkeit meets Weltschmerz, politisch korrekt: "Wenn Du Gott triffst, bestell ihr Grüße, hier regnet es, und es ist kühl". Der Holländer erzählt: "Früher gab es dauernd Geburtstage. Und jetzt? Frans: Leberkrebs. Piet: Du weißt schon. Und Martin ist auch schon tot." Leise fügt er hinzu: "Zumindest hoffentlich, denn" - Pause - "sie haben ihn gestern" - Pause - "begraben." Schmunzeln. Das Publikum liebt ihn für solchen abgründigen Humor. Sein Tourneeprogramm präsentiert verhalten gestimmte Lieder, verzichtet auf die hektischen Clownerien der früheren Jahre. "Wenn Sie gleich nach Hause fahren, nehmen Sie die Böschung", rät van Veen: "Auf der Straße passieren die meisten Unfälle." Schmunzeln. Was folgt, ist so ein echter van-Veen-Nachdenklichkeitszungenbrecher: "Immer bin ich das Echo, der Nachhall, auf das, was ich zu sein vorgebe." - Wie sagte der Taxifahrer? "Ich glaube, die Zeit ist wieder gekommen für so einen."

Wieder vom 15. bis 19. Januar, 20 Uhr.