Unser Lübeck
Susanne Birck

Herman van Veen: Für einen Kuss von dir

27 oktober 2012

Herman van Veen ist eine Legende. Ein Phänomen. "Unvergleichlich", sagen viele. Das galt auch für diesen Abend. Wenn Herman van Veen auftritt, ist das Haus voll. Am Donnerstagabend strömten viele erwartungsvolle Besucher in die Musik- und Kongresshalle und wurden nicht enttäuscht.


"Ich habe viel erfahren, auf dem Weg durchs Leben" - mit einem gesungenen Rückblick machte Herman van Veen in dem ersten Lied In unserer Straße deutlich, worum es inhaltlich in den kommenden zweieinhalb Stunden Programm gehen sollte: Um alles, was das Leben eben mit sich bringt, was ihm von Bedeutung war und ist. Benannt ist die Tournee Für einen Kuss von dir nach einem Lied, das er für die Kinder seiner Tochter schrieb. In seinen Texten und Melodien geht van Veen eine einzigartige Liaison zwischen Melancholie und Unbeschwertheit ein. Van Veen sang von Freude und von Schmerz, über seine Eltern, seine Kinder, seine Enkel. Es ging um Bindungen und Trennungen, um schlichte Alltagsbeobachtungen und um seine Weltanschauung. Immer wieder der Blick zurück in die eigene Kindheit, Erinnerungen an seine Mutter. Es sind Lieder von einem satten, erfüllten Leben - mal kritisch, mal lustig-verspielt, mal ernst und fordernd, mal zu Tränen rührend, jedoch stets unterlegt mit einer betörenden Heiterkeit.

Zwischen den musikalischen Darbietungen streute van Veen Splitter seiner Gedankenwelt ein und traf zuweilen genau den Nerv des Publikums, das überwiegend aus Vertretern der Generation 50plus bestand: "Wir wissen doch, so schön es früher war, ist es früher nie gewesen." Er wolle "feiern, dass Gedanken nicht vergehen" und plädierte mit jedem Ton, mit jedem Wort für die Unbändigkeit der Phantasie. Herman van Veen erzählte unablässig, nie langweilig, sowohl im gesungenen wie im gesprochenen Wort - von gelegentlichen Tanzeinlagen und einer Prise Klamauk begleitet. Van Veen ist ein Sprachzauberer, bisweilen sind die Texte verrückt-rätselhaft und verstörend. Gerade, wenn man sich inmitten solch einer Verrätselung wähnt, bricht der Künstler die Spannung mit der nötigen Portion Humor.

Van Veen ist mehr als nur ein begnadeter Liedermacher. Der Ausnahmekünstler, der seit fast 50 Jahren aktiv ist, hat seinen festen Platz in der europäischen Kulturlandschaft manifestiert, seit vierzig Jahren feiert der große Sympathieträger in Deutschland Erfolge. Der 67jährige spielt Geige und Klavier, er komponiert, schreibt, schauspielert, ist als Maler aktiv und setzt sich für die Kinderrechte ein. Er ist ein philosophischer singender Poet, dem in jeder Sekunde des Konzertabends seine zügellose Freude an der Musik abzuspüren war.
Sein musikalisches Team bestand aus den langjährigen Wegbegleitern Erik van der Wurff und der Weltklasse-Gitarristin Edith Leerkes. Sie sagt über ihre Zusammenarbeit mit van Veen: "Das Schöne dabei ist, ich bin zwar seine Begleiterin, aber er ist auch mein Sänger." Jannemien Cnossen (Violine und Gesang), Willem Wits (Percussion) und Dave Wismejer (Bass) vervollständigten das musikalisch hochkarätige Ensemble. Das Konzert war insgesamt recht lang, die Darbietungen jedoch kurzweilig.

Hoffentlich kommt er bald wieder, der große, einzigartige, unvergleichliche Herman van Veen.