Ostsee Zeitung (Rostock)
Thorsten Czarkowski

Küsse mit der Gitarre von Herman van Veen

Der niederländische Musiker lässt die 2000 Fans in der Stadthalle schmunzeln - und bei den Besuchern Erinnerungen wach werden.

13 oktober2012

13.10.2012 ) Südstadt (OZ) - Der Mann ist eine Institution: Herman van Veen, inzwischen 67 Jahre alt, hat nichts von seiner Energie verloren. Mit seinem neuen Programm war er am Freitagabend in der Rostocker Stadthalle zu Gast. Zwar nicht ganz so quirlig wie früher. Doch mit seinen wirkungsvollen Gesten zog er die 2000 Fans im Saal in den Bann.

Mit zunehmendem Alter lebt Herman van Veen aus den Erinnerungen. Daraus formt er seine Songs, erzählt Anekdoten aus der Kindheit und Jugend und improvisiert dazu ein bisschen. Aber auch die Freuden des Älterwerdens weiß der Niederländer durchaus zu schätzen: "Wenn ich gewusst hätte, wie toll Enkel sind, hätt' ich die zuerst genommen!"

Ja, die Texte natürlich! Da geht es emotional zu, Angst vor großen Gefühlen hat der Mann ja noch nie gehabt. Van Veen hat bei den deutschen Texten seit jeher Unterstützung von Thomas Woitkewitsch.

Van Veens aktuelles Programm zeigt im Titel "Für einen Kuss von dir" (so heißt auch seine gerade erschienene CD) schon thematisch an, dass er die Nähe sucht. Er ist jemand, der ganze Welt umarmt und auch keine Probleme damit hätte, von allen umarmt zu werden. Dass das unpeinlich und natürlich auf der Bühne passiert, ist die Leistung des Unterhaltungskünstlers.

Musikalisch geht es von der reinen Liedermacherei auch mal weg in Richtung Weltmusik, Folklore oder Chanson. Van Veen, auch an Gitarre und Violine zu erleben, hat eine fünfköpfige Band an seiner Seite, darunter der langjährige Wegbegleiter Erik van der Wurff am Piano.

Herman van Veen einen Musiker oder Liedermacher zu nennen, wäre einfach zu wenig. Er ist auch Moderator, Geschichtenerzähler und Dichter, und wenn es sein muss, auch noch Clown oder Zauberer. Selbst wenn van Veen seinen Slip hervorholt oder zu "Rotkäppchen und der Wolf" ein alternatives Ende erfindet, das ziemlich eklig ist, wirkt das nicht peinlich, sondern eigentlich nur komisch.
Der Holländer mit der warmen Stimme hat sich eine treue Fangemeinde erspielt. Der Sänger ist oft in Deutschland, dies ist seine zehnte Tour in vierzig Jahren hierzulande. Aus zarten Banden (die ersten deutsch betexteten Lieder waren 1972 erschienen) zu den Deutschen ist eine lange, fast zärtliche Freundschaft geworden.

Auch in Rostock hatte Herman van Veen die Zuschauer von vornherein auf seiner Seite. Van Veen schaffte es, zu berühren, das wurde auch in der Hansestadt deutlich. Eine Bühnenpräsenz, die auf nachdenklichen und humorigen Liedern beruhte, bewies: Der Mann bleibt ein Gesamtkunstwerk.