jorg schallenberg schreef 12 april 2002 in de Suddeutsche Zeitung

Ach!
Der viel geplagte Clown wirkt in München müde und fast resigniert



Ach, Herman! Jetzt ist er schon Opa, wie er gern auf der Bühne erzählt, jetzt ist er schon 57, jetzt ist er in einem Alter, in dem, sagt Herman van Veen, "Mozart schon 20 Jahre tot war". Und dann all die Tourneen, die Fernsehauftritte, die mehr als hundert CDs, die Fernsehserien, die eigene Produktionsfirma, ach, wer will es Herman van Veen, dem viel geplagten Clown mit zärtlichem Gefühl und bösem Mutterwitz verdenken, dass er bei seinem Auftritt im Deutschen Theater manchmal so müde wirkt wie der Spruch über Mozart.

Ähnlich altbacken wirkten viele seiner Witze, allzu bekannt waren Einlagen wie das Fechtduell mit seiner Violinistin, wie die Persiflage auf sterbende Opernheldinnen und mordende Tenöre, wie das Bespritzen des Publikums aus einer Wasserflasche und anschließende Drohungen mit einem Feuerwehrschlauch, der dann Konfetti verschießt. So spulte van Veen den revueartigen Teil der Show routiniert und ohne besonderen Esprit herunter, verfiel schon mal ins Kalauerhafte, und bei seinen großen Sprüngen über die Bühne erinnerte der lange Holländer plötzlich ein wenig an Otto aus dem benachbarten Ostfriesland. Den Zauber früherer Tage verbreiteten so nur die ruhigen und nachdenklichen Momente, die Erinnerungen an die Kindheit, an die eigenen Kinder, an die kaputten Beziehungen, die Verluste, die man als fahrender Sänger anscheinend in Kauf nehmen muss. Da wirkte Herman van Veen bisweilen fast resigniert, oder zumindest so, als kämen ihm greifbare Hoffnungen allmählich abhanden. So wie bei jenem Lied über die Kriegskinder, denen er wenigstens einen Namen geben will, wenn er mit seinen Liedern schon nichts für sie tun kann, geschweige denn, einen Krieg verhindern. Sie sind nicht eben neu, diese Erkenntnisse, aber vielleicht holen sie van Veen erst jetzt ein.



JÖRG SCHALLENBERG