Herman van Veen
SH am Sonntag

Zufall


27 feb 2011

Seit Kurzem höre ich, wenn ich früh am Morgen die Zeitungen hole, immer nacheinander zwei bunte Spechte klopfen. Wie zwei Perkussionisten trommeln sie ihre Schnäbel gegen die Stämme der rund um unser Haus stehenden alten Bäume. Was sie wohl klopfen..,, was sie wohl hacken...? Nahrung vielleicht, eine Nisthöhle...? Oder trommeln sie sich ein Territorium? Beachten sie einander oder schauen sie sich nur kurz um? Von der Art: Hast du mich gesehen? Hübsch, hm? Alles im Takt. Machen sie das, um Eindruck zu erwecken? Ich schlage in meinem großen Vogelbuch nach. Das Geklopfe machen sie vor allem deshalb, so lese ich, um zu prüfen, ob die Luft rein ist. Ich würde jedenfalls heftige Kopfschmerzen davon bekommen. Erinnere mich noch an den knallharten Lederball, mit dem man früher Fußball spielte. Wenn man so einen Ball bei einem Spiel ein paar Mal an den Kopf ^ kriegte oder vielleicht übermütig annahm, war einem nach dem Spiel oft schwindelig. Ein Specht bekommt keine Kopfschmerzen von seinem Hämmern. Sein Gehirn wird nämlich in seinem Kopf festgehalten, von einem Muskel, sagen wir von einem Gummiband. Aus diesem Grund kann das Gehirn der Spechte nicht erschüttern wie das Gehirn in unseren Köpfen. Unseres schwimmt sozusagen und kann dadurch wie ein schwankendes Boot gegen die Innenseite unseres Schädel prallen. Ein Specht hat, so könnte man sagen, einen Gehirngurt um, der ebenso wirkt wie ein Autogurt, der uns bei einem Zusammenstoß im Sitz hält. Es scheint also keineswegs ein Zufall zu sein, dass der Erfinder des Sicherheitsgurtes ein Adriaan Olaf Specht ist.



Herman van Veen (65) ist niederländischer Musiker, Entertainer und Unicef-Botschafter.
Seine Sonntags-Gedanken schreibt er exklusiv für Schleswig-Holstein am Sonntag.