Kurier (At)
ROMANA KLÄR

"Anwälte für Kinderrechte"

25 juni 2011

Seine Lieder sind meist leise. Wenn es um Rechte von Kindern geht, für die er seit fast 50 Jahren kämpft, kann der Poet Hermann van Veen laut und deutlich werden - auch im KURIER-Interview.


Der holländische Musikant, Poet und Maler Herman van Veen (66) meldete sich bereits mit 17 Jahren bei UNICEF, lief damals als Glückwunschkartenverkäufer von Tür zu Tür. Wissend, dass mit dem Geld von oft selber gar nicht so reichen Leuten unzählige Kinder in Entwicklungsländern eine echte Chance auf eine glücklichere Zukunft bekamen. Um viele persönliche Erfahrungen und Gespräche mit Eltern und Kindern überall auf der Welt reicher, ist er heute im Rahmen vieler Organisationen aktiv.


KURIER: Sie engagieren sich schon seit fast 50 fahren - was ist besser geworden ?
Herman van Veen; Quantitativ ist es schlimmer geworden. Aber in der Politik sind Kinderrechte mittlerweile mehr und mehr ein Begriff, sie sind nicht mehr nur ein Montessori- Thema. Das Problem aber ist, dass Kinderrechte Intentionen sind und dass es zu wenige Sanktionsmöglichkeiten gibt, wenn die Rechte der Kinder vergewaltigt werden. Die Welt braucht dringend eine Organisation - Änwälte ohne Grenzen für Kinderrechte" etwa. Etwas wie die Internationalen Gerichtshof in Den Haag. Denn Kinderrechte sind die Basis unseres Zivilisation. Wenn Rechte der Kinder auf Bildung, Bekleidung, Frieden, Gesundheit,Schutz fur Gewalt respektiert werden, ist unsere Welt essenziel anders, es ist so klar und selbstverstandlich und zugleich schwierig, weil Kinder politisch gesehen keine Priorität haben."


Weil sie keine Stimme haben ?
Die können keinen Anwalt anrufen, wenn der Pfarrer, der Vater, die Mutter oder der General, der Soldat (ihnen etwas antut). Sie sind Schlachtopfer. Das ist schmerzhafte Wirklichkeit. Auch in den Demokratien, in Ländern wie Holland und Österreich, werden die Rechte der Kinder mit den Füßen getreten. Ich brauche nicht zu erklären, was alles in der katholischen Kirche stattgefunden hat. Das hat alles mit Kinderrechten zu tun. ."'


Wieso haben Siesich bei UNICEF gemeldet?
Das kam aus der Familie. Ich bin 1945 geboren. Ohne die Hilfe der Amis und der Kanadier, die in Utrecht Essen verteilt haben, hätte es mich nicht gegeben. Nach dem Krieg war ich sehr krank, ich hatte große Probleme mit meinen Nieren. Ich bin 66 und fühle mich wie ein 16 jähriges Mädchen. Ich fühle mich echt herrlich. Aber ohne Hilfe damals hätte es meine Schwester und mich und sehr viele Kinder in Holland nicht gegeben. Und: mein Vater war ein sehr engagierter Mann. Er war im Widerstand und ein integerer Sozialist. Er hat mich gelehrt: Fußballspielen ist o. k., Geige spielen ist o. k., aber neben diesen Sachen solltest du auch etwas für andere tun.


Kommt diese Haltung heute zu kurz? Ein Gespür dafür zu entwickeln, dass andere auf meine Unterstützung angewiesen sind? Das ist lange so gewesen. Aber bei der jungen Generation sehe ich persönlich ein großes Interesse für soziales Engagement. Vor allem an den Universitäten. In Holland gibt es viele, die sich neben ihrem Studium engagieren wollen. Sei es bei Amnesty oder anderen Organisationen. Wenn man ein bisschen mit dem Laptop umgehen kann, kann man vieles selber herausfinden und etwas tun. Ich bin Realist - ich kann nur sagen, es ist wahnsinnig beschissen. Aber es passieren auch phänomenale Sachen. Es geht nur darum, den Leuten klarzumachen: Gebt den Kindern Rechte. Und den Politikern zu sagen:
Frag dich immer, was bedeutet deine Entscheidung für die Kinder? Ob in der Schule, im Verkehr. Gewissen hat eine Bedeutung. Solidarität hat eine Bedeutung. Man denkt oft, das klingt wie Luft. Wir müssen die Sprache zurückverlangen.
Ich habe zwei Enkelsöhne, wenn ein Typ mit 120 km/h durch unsere Straße fährt stehe ich da - what the fuck! Hast du gesehen, wie sanft die Hände dieses kleinen Jungen sind? Das ist unsere Aufgabe, dass wir den Leuten sagen: Ich verstehe, dass dir dein Auto gefällt. Du hast auch ein Recht auf ein Auto. Aber bitte fahre 30 - und selbst das ist noch zu schnell für meinen Enkelsohn.


Ihr Motto?
Das Allergrößte muss getan werden, wenn es noch klein ist. Das gilt nicht nur für Kinder, das gilt für Krankheit. Alles verdient die größte Andacht, wenn du noch eine Chance hast, etwas besser zu machen. Ziel sind nicht die vielen Projekte weltweit -Ziel ist, das Wesen der Kinderrechte bewusst zu machen. Konkrete Hilfe ist dann ein Resultat.


Was kann der Einzelne tun?
Kinder staunen, wenn ich sie frage, ob sie merkwürdige Ideen, die sie haben, jemandem weitererzählen würden. Natürlich nicht, sagen sie dann oft. Warum nicht? Weil die Leute das blöd finden. Und ich sage:
Schatz, du hast zu Hause und in der Schule das Recht, die Dinge anders zu sehen, oder eine merkwürdige Meinung zu haben. Das ist ein wichtiger Schritt.