Herman van Veen
SH am Sonntag
Guten Morgen
20-11-2011

Das Thermometer zeigt minus vier Grad Celsius an. Dächer, Bäume und Weiden sind weiß. Die Tiere ziehen verwundert durch eine verfärbte Welt.

Ich hole fröstelnd die Zeitungen. Auf den Titelseiten in große Lettern Schlagzeilen über die Wirtschaft, den Zustrom so vieler Flüchtlinge, die Niederlage der holländischen Elf gegen die deutsche Mannschaft. Ich hab das Spiel nicht gesehen, stand auf der Bühne im für mich schönsten Saal der Welt. Zu Recht „königliches" Theater Carre genannt. Auch heute Abend bin ich wieder dort, für den vierzehnten Abend.

Fahre unter einer strahlenden Sonne in unsere Hauptstadt. Was weiß war, wird nun schnell wieder grün. In Amsterdam muss ich in das ehemalige Rathaus, das jetzt ein Hotel ist, um auf der Hochzeit von zwei sehr treuen Besuchern unserer Vorstellung ein paar Worte zu sagen. Ich erzähle Ihnen etwas über die Ehe. Genauer gesagt über das „Märchen" Ehe. Wenn du dann einst eine Oma statt einen Wolf in deinem Bett findest, und die Oma sagt, dass sie dich noch immer liebt, dann weißt du, dass ihr „lange und glücklich" zusammengelebt habt.

Nach der Hochzeit zum Carre. Ich bin so zeitigda, dass ich vor der Vorstellung noch ein Stündchen schlafen kann. Träume wunderlich. Von meinem Cousin Tonnie, den wir vergangenen Sonnabend begraben haben und von unserem Ausverkauf. Unsere Firma Harlekijn zieht um, deshalb haben wir viele Sachen verkauft, um den Umzug zu erleichtern. Ich versuche in diesem Traum, einer Frau zu erklären, dass ich selbst jedoch nicht zu verkaufen bin. Kein Bein und auch keine Hand. Schieße im Vorbeigehen mal eben vier Tore gegen Deutschland. Heirate meine Frau noch einmal. Bin wütend auf einen Mann in der Bank, die mir keine Hypothek geben will, weil er während seines Griechenlandurlaubs seine Brieftasche verloren hat. Werde wach, weil jemand an die Tür klopft. Der Nikolaus? Der Weihnachtsmann? Der Trainer der niederländischen Nationalmannschaft? Ein Standesbeamter? Rotkäppchen? Mein Cousin Tonnie aus seinem Sarg? Jemand, der meine Geige kaufen will? Ich springe auf, öffne die Tür und schaue in das überraschte Gesicht des Portiers vom Theater Carre. Er sagt, dass in der Halle eine Frau und ein Mann mit einem Esel stehen, die, wenn ich dann wach wäre, gerne mit mir reden möchten.



Herman van Veen (66) ist niederländischer Musiker, Entertainer und Unicef-Botschafter.
Seine Sonntags-Gedanken schreibt er exklusiv für Schleswig-Holstein am Sonntag.