Herman van Veen
SH am Sonntag

Zukunft


17 juli 2011

Sitze in einer strahlenden Sonne auf einer Terrasse einer Sushi-Bar in einer ruhigen Wiener Straße. Ein Mann mit einem Turban auf seinem Kopf und mit rabenschwarzem, getrimmten Bart läuft ernst auf mich zu. „Ich muss Sie sprechen. Es geschieht etwas mit Ihnen. Darf ich die Linien Ihrer Hand sehen?" Ich gebe ihm erstaunt meine Hand. „Interessant", murmelt er in einem Englisch, das man auch in Filmen wie ,Die Mumie' hört. „Sie sind nicht reich und nicht arm", sagt er.
„Ich werde Ihnen die Zukunft vorhersagen. Das kostet Sie hundert Euro." Noch bevor ich antworten kann, führt er fort: „Da steht etwas in den Sternen, das Sie nicht verpassen sollten."

Hab' mich davon ein bisschen hinreißen lassen. Er riss ein Stückchen von meiner Zeitung ab, schrieb mit einem Bleistift etwas darauf, knüllte es zusammen und drückte es mir in die Hand.
„Das müssen Sie ganz festhalten. Wann sind Sie geboren?"
„14.03.45."
„Sie sind ein Fisch und 66 Jahre." Das hat er schon gut drauf.

Er fragt mich, ob ich das Papierstückchen auch noch gut festhalte. Ich öffne meine Hand, um es zu beweisen. Er drückt meine Finger etwas umständlich wieder zusammen. Ich würde alt werden, meint er und eines natürlichen Todes sterben. Im August... würde etwas passieren. Was, das wüsste er noch nicht, dies koste fünfzig Euro extra. „Siesind nichtarm und nicht reich." Ich will die fünfzig Euro unter keinen Umständen bezahlen. Finde es so schon genug. Er schaut mich lange und forschend an.
„Ich finde, Sie sind ein netter Mann. Ich werde es Ihnen also erzählen - auch ohne Aufpreis. Vielleicht, wenn Sie Glück haben, können Sie mir schon bald noch hundert Euro geben.
Also, im August erwarten Sie gute Nachrichten!
Sie werden noch an mich denken. Haben Sie das Papierkügelchen noch in Ihrer Hand?" Er faltet es auseinander. Auf dem Papier steht mein Geburtsdatum. Und, dass ich ein Fisch bin. Und noch etwas Undeutliches.
Ich denke: Wie ist das möglich? Es stand da schon drauf, bevor ich es ihm gesagt hatte? Das wäre ja echt toll.

Abends im Bett drehe ich den Film des Erlebten langsam zurück und realisiere, dass er das Papierkügelchen beim Kontrollieren in meiner Hand rasend sshnell durch das mit meinem Geburtsdatum ausgetauscht hat. Ich bin also am helllichten Tag wunderschön reingelegt worden.
Bleibe natürlich trotzdem neugierig auf die guten Neuigkeiten, die ich im August zu hören bekommen soll.



Herman van Veen (66) ist niederländischer Musiker, Entertainer und Unicef-Botschafter.
Seine Sonntags-Gedanken schreibt er exklusiv für Schleswig-Holstein am Sonntag.