Rhein Main Presse
Wolf H. Goldschmitt

Einer, der nie ausrastet

HERMAN VAN VEEN Holländer träumt vom Fußball-Europameistertitel / Heute in Mannheim

8 maart 2011

Der Holländer Herman van Veen ist fast ausschließlich bekannt für gefühlvolle Lieder. Mit Sprachwitz und Sinn für Wortspiele erzählt er, was er so alles sieht und was er fühlt. Herman van Veen entführt die Zuschauer seit Jahrzehnten in eine melancholisch-heitere Welt. Aber nur wenige wissen, dass der 65-jährige Holländer auch ein begeisterter Fußballfan ist - auf seine typische Art allerdings.


Herman, Hand aufs Herz, werden die Niederlande denn jemals Fußballweltmeister?
Man soll die Hoffnung niemals aufgeben. Aber zuerst werden wir im nächsten Jahr Europameister.

Und dann tobst du vor dem Bildschirm?
Sicher nicht, das ist nicht meine Natur. Auch wenn ich in ein Stadion gehe, was ich oft tue, dann schimpfe oder juble ich nicht. Ich sitze ruhig da und kalkuliere. Was mich an diesem Sport fasziniert, ist die Aktion da, wo man nicht hinguckt. Dort, wo der Ball hingehen soll und nicht da, wo er ist. Wenn mein Kopf Pässe geben könnte, dann gäbe es ein Tor nach dem anderen. Das ist die Sehnsucht nach einem schönen Spiel in mir.

Du bist also privat auch noch nie ausgerastet, wenn dir etwas brutal stinkt?
Nein, denn erstens kann ich das nicht und wenn ich es könnte, dann wollte ich es nicht.

Auch nicht beim Gedanken an die Thesen der Rechtspopulisten deiner Heimat, die Fremdenhetze schüren? Ballst du da nicht wenigstens die Faust in der Tasche?
Selbst dann nicht. Holland ist eine Demokratie, und wir haben ein Land, in dem jeder sagen kann, was er für richtig hält. Diese Demokratie ist die bestfunktionierende und fairste Staatsform, die es gibt. Nicht falsch verstehen, die Meinung von Rechtspopulisten ist nicht meine Denkart. Aber wir haben es bei dieser Partei leider mit einer Bewegung zu tun, die in ihren Strukturen selbst nicht demokratisch ist. Mehr brauche ich nicht zu sagen. Das bedeutet: Wir müssen wachsam bleiben und darauf hoffen, dass alle verstehen, um was es hier geht. Die Überwindung dieser antidemokratischen Tendenzen geht aber nicht mit Wut, sondern wiederum nur durch die Demokratie.

Wenn Leute von Herman van Veen reden, dann hört man meistens das Klischee, das ist doch der mit dem Lied „Kleiner Fratz auf dem Kinderspielplatz“. Nervt dich dieses Pauschalurteil, zumal du ja auch ein anerkannt guter Schauspieler bist?
Nun ja, es ist eben verdammt subjektiv, was die Leute über mich und meine Kunst wissen. Ein Künstler wird zu dem stilisiert, was eben ins Radioprogramm passt oder in den Medien verbreitet wird. Auf den „Kleinen Fratz“ angesprochen, muss ich heute nur noch lächeln. Ich habe das Lied damals für meine Tochter geschrieben. Meine Tochter, die übrigens heute 43 Jahre alt ist. Für mich bleibt dieser Titel eine gute Erinnerung an vergangene Zeiten. Aber es stimmt, du kannst nicht gegen ein Klischee ankämpfen. Ich habe keinen Einfluss darauf, dass die meisten Menschen nur unzureichend informiert sind, was ich alles tue.

Und warum ist das so?
Was wir in einer Vorstellung, zum Beispiel in Mannheim, singen und spielen, erreicht doch nur die anwesenden Zuschauer. Ich habe noch niemals eine Vorstellung im Fernsehen zeigen können, weil es offensichtlich zu komplex ist, was ich mache. Man kann es nicht schön einrahmen. Kabarett ist es nicht, Kleinkunst nur bedingt. Es erklärt sich selbst oder gar nicht. Das Interview führte Wolf H. Goldschmitt