Herman van Veen
SH am Sonntag
Während ich auf dich warte
3 juli 2011

Während ich auf dich warte In der würdigen Halle des Grand Hotels läuft ein Mann, auf einer nicht brennenden Zigarette kauend, ruhelos hin und her und klappt fortwährend sein Handy auf und zu.
Fahrstuhltüren rauschen auf, zwei Frauen in schwarzen Burkas laufen kichernd durch die Messing gerahmten Drehtüren den Stadtringhinauf. Aus der Sushi-Bar neben der Rezeption kommt eine Gruppe Japaner, in ihrer Mitte ein Frauchen wie eine verkleidete Porzellanpuppe in einem Kimono aus Seide. Die Gesellschaft lässt sich auf der Treppe der Hotelhalle mit viel Gelächter fotografieren. Neben mir auf dem Ledersofa sitzt ein Mann mit einem Turban. Er trägt einen perfekt getrimmten schwarzen Bart.
Er plaudert leise mit sich selbst oder über einen Kopfhörer mit jemandem irgendwo weit weg. Zwei schwitzende Kerle in kurzen Hosen und T-Shirts bestellen zwei doppelte Cola with a lot of ice. Ein Junge in Schuluniform kommt mit verärgertem Gesicht ins Hotel, gefolgt von einem erhitzten Vater.
„Ich weiß, wie das funktioniert", schnauzt er das Kind an, „aber ich will das einfach nicht, du bist noch zu jung.", knurrt der Mann.
„Und es interessiert mich nicht im mindesten, ob deine Freunde auch Internet auf ihrem Telefon haben. Diese Freunde haben auch lächerliche Haarfrisuren! Für mich auch kein Grund, zum Friseur zu rennen."

'Eine junge Frau mit rot gelocktem Haar, endlosen Beinen und in einem atemberaubend kurzen Rock bewegt sich wie ein Puma durch die Halle. Sie kommt nach einigem Zögern auf mich zu und fragt mit einer leicht rauen Stimme in vermutlich russischem Akzent, ob ich Mister Martinov von Zimmer eightO eight sei. „Es tut mir sehr leid, aber ich bin aus Zimmer 66. Mein Name ist nicht Martinov, mein Name ist Hermanvan Veen."



Herman van Veen (66) ist niederländischer Musiker, Entertainer und Unicef-Botschafter.
Seine Sonntags-Gedanken schreibt er exklusiv für Schleswig-Holstein am Sonntag.