Herman van Veen
SH am Sonntag

Glück


2 jan. 2011

Glück, das war damals, nicht zur Schule zu brauchen, keinen Chicoree essen, Lebertran schlucken, Hausaufgaben machen zu müssen, nicht an erleuchteten Schaufenstern vorbeitrotten zu müssen, um Dinge anzusehen, die wir sowieso nicht bezahlen konnten. Glück war, nicht zum Städtischen Museum gehen zu müssen oder zur Domkirche, um Leuten zuzuhören, die Texte murmelten, weil sie dafür bezahlt wurden. Glück war, nicht zum Zahnarzt zu müssen, der dir mit seinem Tretbohrer auf die Nerven bohrte, auch nicht zu C&A, um endlos eine etwas andere Hose anzuprobieren oder auch zum Fahrradhändler, um in 52 Wochen dein Fahrrad abzustottern. Glück war, am Silvesterabend nicht vor Mitternacht ins Bett zu müs- sen und dann gemeinsam mit Vater und Mutter nach 12 durch das Dachfenster zu gucken, um zu erleben, wie über den Häusern das alte Jahr zu Gott geknallt wurde, und als das Schlimmste vorüber war, nach draußen zu gehen und jedem ein glückliches neues Jahr wünschen zu dürfen.



Herman van Veen (65) ist niederländischer Musiker, Entertainer und Unicef-Botschafter.
Seine Sonntags-Gedanken schreibt er exklusiv für Schleswig-Holstein am Sonntag.