Herman van Veen
SH am Sonntag
Wieso ?
29 augustus 2010

Schaut man von drinnen durch ein Fenster nach draußen, dann erscheint es oft, dass es stärker regnet, als es regnet, Außer heute.

Es regnet wirklich Bindfäden. 24 Stunden ununterbrochen.
So, wie wenn man sagt: es gießt vom Himmel wie aus Eimern.
Die Fenster inTränen. GroßeTropfen rinnen durch kleine Tropfen nach unten.
Als Kind konnte ich dies gefesselt beobachten.
Wenn ich krank war oder mich langweilte, dann starrte ich auf das Kriechen derTropfen über das Glas, die nicht vorhersehbare Wege glitten.

Regen weiß nicht, dass er regnet. Er tut es einfach. Fragt keinen.
Er gießt ganz einfach drauflos, ob als Niesei- oder als Platzregen.
Beginnt und endet ganz nach Belieben.
Letzte Woche hatte er freie Hand in Pakistan, weil der arme Mensch dort, um sich zu erwärmen, beinahe alle Bäume abgeholzt hat, damit nicht mehr genug Wurzeln da waren, die das Wasser austrinken oder aufhalten konnten.

Millionen von Menschen trieben ab.
Das Wasser weiß nicht, dass es fließt.
Immer wieder hin zum Meer. So wie noch vor Kurzem in Polen. Es donnerte entlang alter Städte. Alles in seinem Lauf verschlingend.

Eine braune Masse suchte ihren Weg hin zu manchemTal. Ständig schneller.
Über Straßen, Autobahnen. So rasend, weil die Flussbetten gepflastert und betoniert waren, weil die Rinnen unter Asphalt verschwunden sind. „Heimsuchung der Naturkatastrophen" riefen die Schlagzeilen.

Das Meer weiß von nicht Es steigt, es fällt es brüllt, es rauscht, es kann so still sein, wie dieTropfen an meinem Fenster.



Herman van Veen (65) ist niederländischer Musiker, Entertainer und Unicef-Botschafter.
Seine Sonntags-Gedanken schreibt er exklusiv für Schleswig-Holstein am Sonntag.