WAZ - Essen
Ralf Wilhelm

Chapeau, Herman

25 mei 2010

Der einstige Musikclown van Veen präsentiert sich in der Philharmonie gereift und mit brillantem Ensemble

Da behaupten manche Zeitgenossen, die Bayern van Gaal und Robben würden viel zu deutsch-holländischen Verständigung beitragen. Eine Beleidigung für Beleidigung für Hermannus Jantinus van Veen. Seit 45 Jahren verzaubert der Musik-Poet auch sein deutsches Publikum, längst hoch dekoriert mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande für seine Dienste um Beziehungen beider Länder. Am Freitag und Samstag füllte er die Philharmonie - es war die Heimkehr eines alten Freundes.

Der Zeit hat auch vor dem 65-Jährigen aus Utrecht nicht Halt gemacht, der einstige Musikclown und Aktionskünstler ist ruhiger geworden, die Bühnenshow fast schon minimalistisch, dennoch von hohem Unterhaltungswert. Im Vordergrund steht ernste Musik, van Veen schlüpft in die Rolle des stillen Beobachters, der die Darbietungen seiner Ensembles genießt. Lauscht dem virtuosen Violinenspiel von Jannemien Cnossen und Dorit Oitzinger, die ihre brillanten Stimmen immer öfter präsentieren dürfen. Und ist stolz, wenn die großartige Edith Leerkes, die mit ihrer Spanischen Gitarre liiert scheint, das Publikum zu Beifallsstürmen hinreißt.
Die Zuschauer werden mit einbezogen, müssen mit Fingerschnipsen und Schenkelreiben regen erzeugen und erfreuen sich dann doch so mancher clownesker Einlage: Wenn Herman, den spöttischen Beobachter, moderne Geißeln der Menschheit aufs Korn nimmt. Wenn er seine musikalische Begleitung mitten im Musikstück in der Bewegung einfriert, um ein imaginäres wie überflüssiges "Was machst du gerade" Handygespräch mit seiner Frau zuführen.

Leicht frivol, wenn er zum Nummerngirl ("Ruf mich an".) eines Privatsenders mutiert da gluckst das Publikum.
Der Rest des gut zweieinhalbstündigen Abends ist erfüllt mit Liedern und Texten über Liebe, Vergänglichkeit und das Altern, die mit ihrer Tiefe und ihrer Eindringlichkeit die Zuhörer in ihren roten Plüschsessel schier fesselst.

Zum zehnten Mal, so glaubt van Veen sich zu erinnern, sei er nun auf Deutschland-Tour: "Wir feiern das mit dünn geschnittenem Lachs und ganz kalten Weißwein." Ach, Herman, und wir? Wir lassen deine Worte durch unser Gehör in den Verstand perlen, gehen später, ein Liedchen summend, leicht beschwipst heim und denken: Chapeau!



Ralf Wilhelm