Osnabrucker Zeitung
Anne Reinert
Marie Luise Braun

„Seelenabdrücke" auf der Leinwand und der Konzertbühne

Multitalent Herman van Veen überrascht in Osnabrück nicht nur als Liedermacher, sondern auch als Maler

21 mei 2010

OSNABRÜCK. Neugierig beugt Herman van Vecn sich über das in Grautöncn gemalte Bild in der Loungc des Hotels Walhalla. „Habe ich das gemalt?", fragt er und betrachtet sein eigenes Werk noch ein bisschen länger. Erstaunen und ein bisschen kindliche Freude über die eigene Leistung schwingen in seiner Frage mit.

„Seelenabdrücke" nennt Herman van Veen seine Bilder. Und die kann er kaum um sich herum haben, so viel erzählen sie ihm, sagt er. Doch wenige Stunden vor seinem Konzert muss das Multitalcnt das können. Da ist er im Hotel Walhalla, wohin die Galeristin Hannelore de Hloogd ein paar seiner Bilder mitgebracht hat. Sie zeigt in ihrem Meppener Atelier Spurcn noch bis zum 30. Mai Bilder von Herman van Veen.

Der 65-Jährigc erzählt nun, wie er erst vor zehn Jahren zum Malen kam. Das war nach dem Tod seiner Eltern, die kurz hintereinander starben. Der Vater hinterließ seinem Sohn Herman einen Grammofonkoffer mit vielen Erinnerungen, den dieser lange nicht offnen konnte. An einem verregneten Tag setzte van Veen sich doch vor die Kiste - und schaute dabei aufseine Hände. „Was, wenn ihr meines Vaters Hände wäret?", fragte er sich. Kurz darauf kaufte er Leinwände, Farben, Tücher - und verwirklichte einen Traum, den sein Vater ein Leben lang gehabt hatte. Dem blieb als Grafiker und Schriftsetzer nur wenig Zeit zum Malen.
Fast immer in Erdtöncn und fast immer monochrom sind die Bilder des niederländischen Liedermachers. Eines seiner ersten Bilder zeigt den Umriss einer Geige - und zwar so, als wäre das die Tür zu einer anderen Welt. Tatsächlich sei das Malen für ihn, als beträte er eine andere Welt, sagt Herman van Veen.

Doch es gibt auch Parallelen zwischen dem Malen und dem Liedermachen. Weder das eine noch das andere macht er mit einer bestimmten Absicht. „Es passiert mir einfach", sagt er. Und so sind seine Bilder Ausdruck des Moments, dem er sich überlässt.

Ganz im Augenblick ist Herman van Veen auch am Abend auf der Konzertbühne. „Wir freuen uns auch", antwortet er grinsend auf den langen Applaus, mit dem er in der ausverkauften Osnabrückhalle begrüßt wird. Nicht einmal einen Wimpernschlag lang braucht der Niederländer, um das Publikum in seinen Bann zu ziehen für seine Poesie, seine Lieder, sein Geigenspiel und seinen Witz.

„Im Augenblick" heißt auch das Programm, mit dem Herman van Veen und seine vier hervorragenden Begleiter durch Deutschland touren. Allen voran ist seine Gitarristin Edith Leerkes zu erwähnen, die den Abend mit Solostücken bereichert. Neben dem sehr präsenten van Veen wirken die Musiker allerdings seltsam unbeteiligt. Das schmälert die Freude an diesem Konzert aber nicht. Tatsächlich besteht der Abend aus vielen kleinen Augenblicken, für die der Erfinder von Alfred Jodocus Kwak auf Dinge aus dem Leben zurückgreift. Da liest er etwas vor, was sein Sohn als Kind geschrieben hat. Oder singt ein sehr zärtliches Liebeslied seiner Tochter Anne - das er mit dem Song beendet, den er zu ihrer Geburt geschrieben hat.

Da kann man sich kaum vorstellen, dass Herman van Veen einmal nur noch malen würde. Oder? Auf keinen Fall, sagt der Musiker selbst. „Wenn ich nicht mehr singen' könnte, wäre ich tot",- antwortet er auf diese Frage. Wer ihn an diesem Abend auf der Bühne erlebt hat, der nimmt ihm das voll und ganz ab.