Herman van Veen
SH am Sonntag
Jan
21 maart 2010

Gestern spielten wir in Lübeck. Müde und glücklich saß ich nach der Vorstellung im Hotel auf einem bequemen Sofa vorm Fernseher, um die Nachrichten zu schauen. Zwanzig Minuten Elend und anschließend jemand, der verkündete, der Frühling hinge in der Luft. „Prima Fischwetter" würde mein Vater sagen.

MUSS so oft an ihn denken. Tote Eltern tauchen in allem was wir tun und denken immer wieder auf. Es ist total unmöglich, sie zu vergessen. Meine Autobiografie steht voll davon.

Manchmal denke ich: Wie würde mein Vater auf die Geschehnisse von heute reagieren: auf das Zerbrechen seines Sozialstaates Holland, das Aufkeimen der neuen .Bewegung', die Erhöhung des Rentenalters, die skandalöse Bereicherung von Bankdirektoren oder das Q-Fieber? Seine Schläfen würden pochen, seine Lippen würden schmal. Er würde protestieren.

Würde die Straße hinaufgehen und demonstrieren. Und meine Mutter würde dann fragen: „Sag, vor welcher Kneipe gehst du demonstrieren, Jan?"



Herman van Veen (65) ist niederländischer Musiker, Entertainer und Unicef-Botschafter.
Seine Sonntags-Gedanken schreibt er exklusiv für Schleswig-Holstein am Sonntag.