Herman van Veen
SH am Sonntag

Wintermarkt


19 dec 2010

Wo die Kälte so scharf wie Glas durch jede Faser drang, wo der Ochse die Hebamme war und der Arzt der Esel, wo die Scheibe zerbrochen und der Hahn erfroren war, da wurde auf seines Vaters Jacke , das Kind geboren. Und es gab seinen ersten Ton in seiner Mutter Armen und der Ochse blies Atem aus um es zu erwärmen.

Beinahe Weihnachten

Im Schatten der schneebedeckten Liebfrauenkirche in Antwerpen stehe ich mitten in der Nacht auf dem Großen Markt und schaue mit Bewunderung einem Schaufenstermaler zu. Der Mann malt in eisiger Kälte mit sicherer Hand und schwungvollen Buchstaben „Glückliche Weihnachten" auf das große Fenster eines Restaurants. Mit einer Spraydose zaubert er danach super gekonnt eine Reihe Tannenbäume auf die Scheibe und kurz darauf schaut mich auch ein lachender Weihnachtsmann an. Und dazu passend malt er noch zwei Rentiere. Fertig! Ruckzuck hat er ein finsteres Fenster in eine fröhliche Weihnachtsszene verwandelt. Er packt seine Sachen zusammen ' und läuft, eine kleine Melodie pfeifend, in die Nacht.

Auf dem Großen Markt steht alles bereit für den morgigen Wintermarkt. Die Glocke der Frauenkirche schlägt, 2 Uhr. Ich schlage meinen Kragen hoch und singe leise, beseelt durch drei Glas trockenen Weißwein, von Friede auf Erden und der Menschen Wohlbehagen ' und gehe durch die weißen Straßen zu meinem Hotel.

Der Tag war lang,
die Nacht ist schön.
Ich halte kurz inne,
schaue zu den Sternen
und flüstere:

„Vielen Dank."



Herman van Veen (65) ist niederländischer Musiker, Entertainer und Unicef-Botschafter.
Seine Sonntags-Gedanken schreibt er exklusiv für Schleswig-Holstein am Sonntag.