Dattelner Morgenpost
Wilfried Mommert

Herman van Veens «singende Buchpremiere»

19 mei 2010

Wenn ein holländischer Liedermacher wie Herman van Veen schon auf Plätzen, Märkten, in Kneipen und Kirchen wie auch in der New Yorker Carnegie Hall gesungen hat, dann ist ein kleiner Galaabend in der holländischen Botschaft in Berlin nahezu «Ehrenpflicht».

Noch dazu, wenn das 2004 von Königin Beatrix eröffnete und von Rem Koolhaas entworfene Botschaftsgebäude an der einzigen Gracht der deutschen Hauptstadt, der Friedrichsgracht, liegt, die im 17. Jahrhundert von Ingenieuren aus Holland angelegt wurde. Nun stellte der 65-jährige Liedermacher dort mit einer Art «singenden Buchpremiere» seine Autobiografie «Bevor ich es vergesse» (Aufbau-Verlag) erstmals in Deutschland vor.

Einige Passagen des Buches trug van Veen in Liedform vor, begleitet von Gitarre, Geige und Schlagzeug und der musikalischen Bühnenpartnerin Edith Leerkes. Botschafter Marnix Krop nannte van Veen einen «der bekanntesten Liedermacher unserer Zeit», in dessen Texten Menschlichkeit und Moral den Ton angäben. «Seine Fangemeinde in den Niederlanden und in Deutschland ist groß und wächst immer noch.»

Van Veen wird nicht müde, gegen die Ungerechtigkeiten der Welt anzusingen wie auch die eigenen menschlichen Unzulänglichkeiten augenzwinkernd zu beklagen. «Sag keine lieben Sachen an meinem Grab, sag sie jetzt!», heißt es da, und van Veen kommt auch immer wieder ins Philosophieren, musikalisch begleitet mal lyrisch (sogar ein «Ave Maria» im Knabensopran wird angestimmt) oder eher kräftig und kämpferisch. «Sind wir Opfer des Schweigens unserer Eltern und verantwortlich für die Unwissenheit unserer Kinder?», fragt der Sohn und Vater zwischendurch, um dann auszurufen: «Sing mit mir, schweig mit mir, spring mit mir, tanz mit mir, kämpf mit mir - tu es jetzt!» Die geladenen Gäste in der Niederländischen Botschaft sind nahe daran, aufzuspringen und mitzutanzen, belassen es dann aber bei einem stürmischen Beifall. Der in Utrecht geborene Liedermacher, von manchen auch eine «mobile Zirkuskirche» genannt, setzt sich seit Jahrzehnten auch als UNICEF-Botschafter für die Kinder in aller Welt ein. Er erzählt in seiner Autobiografie (übersetzt von Thomas Woitkewitsch) von den ersten Abenteuern seiner Kindheit und in der Schule und berichtet von den künstlerischen Anfängen Mitte der 60er Jahre mit dem «Cabaret Chantant Harlekijn» sowie seinem musikalischen Durchbruch 1973 mit der LP «Ich habe' ein zärtliches Gefühl». Die literarisch-musikalische Soiree in der Botschaft schloss van Veen mit den Worten: «Wir sehen uns in zehn Jahren wieder, dann erzähle ich Teil zwei meiner Autobiografie.» Bis dahin geht er weiter auf Tour - «Ich werde im Amsterdamer Carre auftreten, am New Yorker Broadway, im Pariser Olympia, in Brüssel und in Berlin, Berlin...», heißt es im Vorwort seiner Autobiografie.