Leipziger Volks Zeitung

„Die Tage sind viel zu kurz“ Herman van Veen im Interview 19 februari 2010

Leipzig. Herman van Veen kommt nach Leipzig. „Im Augenblick“ heißt sein neues Programm, das er am 19., 20. und 21. in der Oper spielt. Thomas Mayer sprach vorab mit dem Niederländischen Künstler über sein Alter, sein Publikum und sein neues Buch.

Sie werden in wenigen Tagen 65. Wie fühlen Sie sich?
Herman van Veen: Sehr gut. Ich wünsche mir nur, dass mein Leben nie aufhört, doch auch ich weiß, dass es aufhören wird. Also genieße ich das Leben und denke nicht an den Abschied.

Auch in Holland geht man mit 65 in Rente?
Herman van Veen: Man will wie in Deutschland das Rentenalter auf 67 hochsetzen. Es heißt aus wirtschaftlichen Gründen. Meine Idee ist es aber ohnehin, so lange wie möglich zu arbeiten. Denn in Rente zu gehen, das ist nicht nur gesund. Ich lasse mich jedes Jahr im Krankenhaus überprüfen. Mein Kardiologe sagt mir danach immer: Herman, es ist für dich sehr gefährlich, mit der Arbeit aufzuhören.

Auf Tourneen spüren Sie Ihr Alter?
Herman van Veen: Eigentlich auch nicht, es gibt aber schon Momente, bei denen ich ins Grübeln komme. Wenn ich mich rasiere, denke ich: Rasier’ ich jetzt meinen Vater oder bin ich es wirklich?

Wie wichtig ist Ihnen die Familie?
Herman van Veen: Ich habe vier Kinder, doch die sind schon lange erwachsene Menschen. Sie treffen also Entscheidungen, die ich nicht unbedingt teile. Zum Glück habe ich zwei Enkelkinder. Die beiden Jungs kommen gern zum Großpapa. Der eine wird Profifußballer, der andere hat noch keine Ahnung, was er werden will. Ich habe das Gefühl, dass er Mädchen werden will, denn er liebt so sehr Tanzen. Großpapa zu sein, das ist rührend.

Anrührend sind noch immer Ihre Lieder. Es heißt, es seien heute schwere Zeiten für Liedermacher wie Sie. Teilen Sie die Ansicht?
Herman van Veen: Das sehe ich überhaupt nicht so. Auch in meinem Genre passiert sehr viel, und die anderen Musikstile akzeptiere ich ebenso, wenn sie denn gut gemacht sind. Unsere Konzerte sind immer super voll, jetzt in Leipzig geben wir sogar eine Zusatzvorstellung.

Ihre Fans sind mit Ihnen älter geworden?
Herman van Veen: Viel schlimmer: Ich weiß, dass die Hälfte meines Publikums schon gestorben ist. Ich bin jetzt 65, und als ich begonnen habe, saßen auch die 50- und 60-Jährigen im Saal. Nun kommen deren Kinder und Kindeskinder. Auch davon erzähle ich in meinem Programm.

Sie standen schon vor 30 Jahren auf der Bühne ...
Herman van Veen: Ich sag mal so: Der kleine Baum in meinem Garten ist jetzt groß und etwas runzlig, und auch meine Frau ist etwas dicker. Ich habe viel mehr Bücher gelesen und habe sehr viel erlebt. Ein Mann mit 65 sieht die Dinge anders als einer mit 18 Jahren. In meinem Wesen habe ich mich nicht verändert.

In wenigen Tagen erscheint Ihr Buch „Bevor ich es vergesse“. Ist das Ihre Autobiographie?
Herman van Veen: Der erste Teil davon. Das Buch beschreibt ein bisschen mehr als die Hälfte meines Lebens, es handelt von meiner Kindheit und Jugend und erzählt von mir bis ins Jahr 2005. Der zweite Teil wird etwa in 20 Jahren auf den Markt kommen.

Wie schaffen Sie das nur: Singen, Schreiben, sogar Malen, und ein erfolgreicher Geschäftsmann sind Sie ja auch ...
Herman van Veen: Die Arbeit macht Spaß, ja, Arbeit ist eigentlich für mich keine Arbeit. Was ich tue, gibt mir mehr Energie, als dass sie es mich kostet. Und für das, was ich tun will, sind die Tage viel zu kurz.

Wo entspannen Sie?
Herman van Veen: Als Großvater und noch immer beim Fußball. Jetzt bin ich ein Fan von Bayern München, weil ich den Trainer Louis van Gaal gut kenne. Er besuchte schon mal meine Auftritte. Wenn ich demnächst in München singe, hoffe ich, dass die Bayern ein Spiel haben.

Sie setzen sich für soziale Dinge ein. Was macht Ihr Theater in Soweto in Südafrika?
Herman van Veen: Während der Fußball-Weltmeisterschaft wird es eröffnet. Das Projekt heißt „The Miracle Workshop“ und hat seine Heimat in einem Gemeindezentrum. Wir wollen dort nichts vorführen, sondern Kinder und Jugendliche zum kreativen Handeln bewegen. Dabei nutzen wir die einheimischen Strukturen. Diese Art der Hilfe stößt auf großes Vertrauen, weil wir den Menschen nicht irgendetwas überstülpen.

Die Konzerte mit Herman van Veen & Ensemble am 19. und 20. Februar in der Leipziger Oper sind ausverkauft. Für die Show am 21. Februar gibt es in der LVZ-Geschäftsstelle im Peterssteinweg, im LVZ-Stadtbüro in der Nikolaistraße 42 oder unter der 1805 218150.


© LVZ-Online, 19.02.2010, 10:33 Uhr