Badische Zeitung
Claudia Füssler
Wie war’s bei … Herman van Veen im Konzerthaus? 14 februari 2010

Freiburg
Er wurde vom Beifall hinweggefegt, bevor er den ersten Ton gesungen hatte: Der holländische Liedermacher und ewige Gaukler Herman van Veen bewies den knapp 1000 Besuchern im Konzerthaus, dass er auch nach Jahrzehnten kein bisschen von seinem Charme verloren hat.



Der erste Eindruck: Es ist, als verbrächte man den Abend mit einem gutem alten Freund, den man schon lange, sehr lange nicht mehr gesehen hat. Herman van Veen ist blendend aufgelegt, er flüstert makaber-frivole Witze ins Mikrofon, treibt Schabernack wie ein Lausbub und rührt die Herzen im Saal, wenn er von einer Sekunde zur andern melancholisch wird und von damals erzählsingt.

Set-List: Fast alle Songs an diesem Abend sind von seinem neuen Album "Im Augenblick", doch für seine Fans kramt van Veen auch den einen oder anderen Klassiker wie "Anne", "Anders anders" oder "Für Marie-Louise" raus. Als vierte von fünf Zugaben singt er den Zuschauerinnenwunsch "Ich lieb dich immer noch".

Die Musik: Von einem 64-Jährigen, der seit fast 45 Jahren auf der Bühne steht, hätte man einiges erwartet – nur nicht diesen warmen, kräftigen Bariton, den van Veen den Abend über mal flüsternd, mal donnernd, mal ironisch-spöttelnd einsetzt. Die Instrumentalsolisten Erik van der Wurff (Klavier), Edith Leerkes (Gitarre), Jannemien Cnossen und Dorit Oitzinger (beide Violine) lassen zu van Veens gesungenen und erzählten Geschichten kongenial die passenden Bilder im Kopf entstehen.

Augenschmaus: Die perfekt abgestimmte Choreographie zwischen van Veen und seiner Band. Da sitzt niemand rum und spielt einfach seinen Part Geige runter, die Fünf inszenieren jeden Song und jede Anekdote wie ein kleines Theaterstück. Und dazwischen hagelt es Ping-Pong-Bälle.

Outfit: Klassisch-leger für alle in der Variante Hose/Hemd und knielanges schwarzes Kleid. Van Veen trägt eine dunkelgraue Hose zum weißen Hemd sowie rechts einen schwarzen und links einen weißen Schuh. In der Halbzeit gibt’s Klamottenwechsel für alle – van Veen trägt jetzt rechts den weißen, links den schwarzen Schuh.

Bühnengebaren: Seinem Hüpfen, Grooven und Freestyle nach zu schließen ist van Veen ein treuer Yogastundenteilnehmer.

Was in Erinnerung bleibt: Wie van Veen mitten im Song seine Mitspieler einfriert und heimlich die Geige gegen den Bass eintauscht.

foto: Michael Bamberger

Bester Spruch: Fahren Sie auf dem Nachhauseweg bitte über die Böschung. Auf der Straße passieren immer so viele Unfälle.

Schade-dass-das-Handyfoto-bei-dem-Licht-nichts-wird-Moment: Van Veen mit weißem Baumwollschlüpfer auf dem Kopf und offenem Hosenlatz im Scheinwerferlicht. Ja, das war Absicht.

Bester Publikumskommentar: "Warum ist mir nie so ein Mann über den Weg gelaufen?" (Mittsechzigerin in der Pause auf der Damentoilette zu ihrer Freundin)

Souveränster Publikumskommentar: "Das ist wirklich ein toller Kerl." (Mittvierziger in Reihe zwei zu seiner weiblichen, deutlich schmachtenden Begleitung)

Was man gerne noch gewusst hätte: Ob den Großvater bei seinen Balletteinlagen nicht doch der ein oder andere Muskel zwickt. Und wer auf die Idee gekommen ist, dass ein Hände reibendes, schnippsendes und Schenkel klatschendes Publikum tatsächlich wie Regen klingt.

Bewertung: Legendär. Für 52 Euro (First Class) gab es zweieinhalb Stunden lang niederländisches Entertainment auf künstlerisch und emotional höchstem Niveau.


van de webmaster:
voor veel meer foto's zie:

http://www.badische-zeitung.de/rock-pop/herman-van-veen-im-konzerthaus-freiburg