Constanze Treuber schreef 10 november 1999 in de Berliner Zeitung


Vom Glauben an das Gute

Herman van Veen ist mit dem Rosenberg Trio auf Tournee




Wenn Herman van Veen etwas Besonderes erlebt hat, muss er bald Gebrauchslyrik daraus machen. Das war auch so, als er vor einigen Jahren in der Garderobe des Amsterdamer Concertgebouw auf seinen Auftritt wartete und durch die Türritzen den mitreißenden Gipsy-Swing des Rosenberg Trios hörte. Den Text, den er darüber schrieb, hat er zwar nicht auch noch vertont, aber er hat ihn seiner CD "Deine Küsse sind süßer" vorangestellt, um zu erzählen, wie es zu der erfreulichen Zusammenarbeit mit den Cousins Stochelo, Nous'che und Nonnie Rosenberg kam: die Beschreibung eines unspektakulären Augenblicks, langweilig eigentlich, wenn man ihn nicht selbst miterlebt hat. Nur die Zeile "vor Glück und nach Kummer" ist anders, schön und leicht geheimnisvoll.

Ein einziges Konzert in Berlin gab Herman van Veen mit dem Rosenberg Trio und drei weiteren Musikern am Montag im Theater des Westens. Gestern in Gouda, morgen in München, demnächst in Paris, Shanghai und New York, und alles noch in diesem Jahr. Da muss er sich konzentrieren, um die niederländischen, englischen, französischen und deutschen Fassungen seiner Lieder nicht durcheinander zu bringen. Einige liest er einfach vom Blatt ab und ist dabei nicht so klar zu verstehen wie sonst. Daran merkt man, dass die Lieder neu und die deutschen Texte ihm noch nicht in Fleisch und Blut übergegangen sind.

Der Künstler Herman van Veen ist sich treu wie wenige andere, ein unermüdlicher, unerbittlicher Menschenfreund seit Jahrzehnten. Man kann ihn so scharf beobachten, wie man will, man entlarvt es nicht als zur Profession gewordene Pose. Wenn er von den kleinen Leuten singt - die, wenn er König wär', zu höchsten Ehren kämen, die Schwestern, die die Geisteskranken pflegen, die Männer, die den Müll wegschaffen -, dann meint er das ehrlich, und es klingt bei ihm nicht einmal naiv: "Ich würde hoffentlich dem Volk den Glauben rauben, dass es ganz sinnlos ist, ans Gute noch zu glauben." Er zeigt bei der Karikatur eines Opernbaritons die nackte Brust her, singt ein leises Lied für Hannah, das Mädchen mit der Magersucht, und gibt kleine Frechheiten und Schnurren zum Besten. Das Rosenberg Trio (Sologitarre, Rhythmusgitarre, Bass) begleitet nicht nur virtuos und angenehm bescheiden, sondern bestreitet auch Teile des Programms allein. Das schwingt und perlt wie bei Django Reinhardt, wunderbar.

Wenn van Veen von einem abendlichen Waldspaziergang seines Sohns und seines Vaters erzählt, und der Enkel sagt: "Der schöne Mond", und der Großvater antwortet: "Sehr schön, aber du hättest ihn vor dem Krieg sehen sollen", dann ist das nicht zum Lachen. Man merkt es nur nicht gleich. Herman van Veen ist ein besonderer Clown, er trägt noch den zerschlissenen schwarzen Hut, aber die silbernen Schellen hat er abgetrennt. Er ist 54, hat Tod, Krankheiten und andere Gefährdungen aus der Nähe erlebt. "Vor Glück und nach Kummer" scheint eine ziemlich genaue Standortbestimmung zu sein.



Constanze Treuber


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