Herman van Veen
SH am Sonntag
Freitag
10 januari 2010

Meine jüngste Tochter macht eine CD.
Ihre erste.
Ich darf dabei sein.

„Pa, kann ich mir deine Ohren ausborgen?"
fragte sie.
Habe sie heute Morgen einer extra Inspektion unterzogen, wie sich das gehört.
Verschiedene Wattestäbchen für verschiedene Ohren.
Werde mich auf dem Sofa im Regieraum platzieren.
Anne wird hinter einer dicken Glasscheibe stehen, ihr Gesicht bleibt zum größtenTeil hinter einem Riesending von einem Mikrofon verborgen.
Sie singt dann mit dem Gesicht ihrer Mutter, das dem meinen so verdammt ähnelt.

Dann höre ich. Ich folge dir mit meinen Augen, von Wand zu Wand und über die Diagonale. Du passt mal eben so in einenTropfen.

Jesus, wie klein du bist. Und dennoch schleppst du alles. Manchmal ist das genauso groß wie du selbst.
Du schleifst es hinter dir her, es ähnelt einer müden Schwester, aber es ist ein Schokostreußel. Oh mein Gott, wie machst du das? ,

Sie besingt eine Ameise. Auf dem Piano begleitet von einem beinahe Mann, einem Jungen noch.
Draußen wird es schneien. Spatzen suchen Futter.
Die Bäume werden im Rauhreif stehn. „Kaffee gefällig?
Und? Glücklich mit einer solchen Tochter?"

DasTelefon läutet.
„Pa, ich habe eine Magen- und Darmgrippe.
Ich kann heute nicht singen."

Vertage meine Freude auf Freitag.



Herman van Veen (64) ist niederländischer Musiker, Entertainer und Unicef-Botschafter.
Seine Sonntags-Gedanken schreibt er exklusiv für Schleswig-Holstein am Sonntag.