Michael Borrasch schrieb am 10.04.2002 im Südkurier

Ausgependelter Lebensüberblick



Herman van Veen zeigt souveräne Show im Graf?Zeppelin?Haus in Friedrichshafen


Nun war er endlich da: putzmunter holte Herman van Veen im Graf?Zeppelin?Haus in Friedrichshafen seinen Auftritt nach ? souveräne Show zu den großen Themen des Lebens

Er läuft und läuft und läuft. Herman van Veen ist ein Phänomen. Nun ist der 1945 im niederländischen Utrecht geborene Sänger, Musikant. Autor und Menschenfreund sogar se on Großvater geworden. Dass dieser Umstand die Poetenseele des s en Clowns mit den tiefen Lebensblicken sehr beglückt staunen lässt, liegt nahe. Wie sonst sollte der große (ja), alte (na, ja) Mann der europäischen Songpoesie auch auf ein solches Ereignis reagieren? Schließlich sind es (immer noch) die großen Themen des Lebens, die er besingt, belächelt, bespöttelt und gleichzeitig liebt. Kindheit und Alter, Liebe, Leid und Tod? an den ewigen Koordinaten entlang hangelt sich Herman van Veen durch seine Sicht der Dinge. Nachdem der zarte Barde im Februar wegen Krankheit nicht anreisen konnte, gastierte er jetzt zum Nachholauftritt im Graf?Zeppelin-Haus.

Nach wie vor wird van Veen, der seit ,den siebziger Jahren auch in Deutschland auftritt, von der immensen Sympathie seiner Verehrer durch den Abend getragen. Die gelassene Heiterkeit, die sich nach wenigen Minuten im Saal verteilt, kreiert der routinierte Schalk natürlich längst im Handumdrehen. Wie er das macht, ist allerdings ein Fall für sich.

Bei Herman van Veen kommt vieles zusammen. Er beherrscht die Balance von clowneskem Witz, zärtlichstem Gefühl derber Zote, liebevoller Albernheit und etlichem mehr so perfekt, dass sich kaum jemand seinem andauernden Erzählen, Singen Spielen, Faxenmachen entziehen kann und will. Ständig ist dieser moderne Gaukler auf der großen Bühne unterwegs, seinen Körper neben Stimme und Sprache als ebenso wichtigen Botschafter nutzend. Spaß und Ernst sind stets als ewige Geschwister zu erkennen, hier pendelt jemand ihr Gleichgewicht aus.

"Was ich dir singen wollte"', heißt das aktuelle Programm und nutzt damit einen Titel Heinz Rudolf Kunzes als Überschrift. Überhaupt finden sich einige Texte des Osnabrücker Liedermachers im Programm des Utrechters, wenn der sich an sein deutsches Publikum wendet.

Die Kraft der Musik, die Kunze in seinem Text herausstellt, weiß van Veen ebenfalls einzusetzen. Neben

Dauerpartner Erik van der Wurff am Flügel, sind es derzeit drei Frauen, die für hervorragende musikalische Begleitung sorgen. Edith Leerkes an der Konzertgitarre, Jannemien Cnossen an Geige und Gesangsmikro sowie Wieke Garcia mit feinen Akzenten an Schlagwerk, Drehleier und Dudelsack arbeiteten mit viel folkinspirierten Sequenzen die Stimmungen der Texte heraus.

Als roter Faden ließen sich die Geschichten und Erinnerungen vom kleinen Herman erkennen. Immer wieder schöpft van Veen aus diesem Fundus einer Zeit, in der die Welt noch unerklärlich vor einem stand. Jetzt, wo die Enkel kommen, beginnt alles von vorne. Hinzugekommen ist auch einiges. Leben eben.



Michael Borrasch