Herman van Veen
SH am Sonntag

Bänkchen


3 okt 2010

Es ist ein strahlender Herbsttag. Die Sonne hängt tief über dem Maisfeld und lässt alles in unserem Garten erstrahlen. Ich sitze auf einem Bänkchen, auf einem Hügel, den wir den 'Opa-Hügel' nennen, und schaue über im Laufe der Jahre zusammengesungenes Land. Ein Eisvogel streift über den Weiher, drei Bussarde sausen wieTrapezkünstler hoch durch die Luft. Eine Krähe tut sich gut an den Resten eines toten Hasen. In der Ferne rast ein Zug vorbei. Denke an meinen Vater.

Nach dem Tod meiner Mutter kam er zu uns wohnen und machte jedenTag nach dem Frühstück bei Wind und Wetter einen kleinen Spaziergang. Zum einen, weil er das enorm genoss, zum anderen auch auf Anraten seines Doktors.
Mein Vater hatte es mit dem Herzen, Bewegung war gut, nicht zuviel, aber doch kleine Streifzüge.

JedenTag nahm er sich vor, am Folgetag wieder ein Stück weiter zu gehen, seinen Rekord zu brechen.
Deshalb kauften wir einige Bänkchen, so dass er nach seinen erneuten Versuchen stets ein Plätzchen fand, wo er sitzen konnte, um zu verschnaufen. So stapfte er am Montag von Bänkchen 3 beim Weißdom zu Bänkchen 4, die Woche darauf von Bänkchen 4 unter dem Maronenbaum zu Bänkchen 5 bei der Pferdetränke und daraufhin zur Bank 6 bei der kleinen „Leerkes Allee"

Heute sitze ich, mehr als zehn Jahre später, auf Bänkchen 7 und fühle mich glücklich, dass ich mit 65 Jahren hier einstweilen allein sitzen kann, um dies aufzuschreiben.



Herman van Veen (65) ist niederländischer Musiker, Entertainer und Unicef-Botschafter.
Seine Sonntags-Gedanken schreibt er exklusiv für Schleswig-Holstein am Sonntag.