Eduard Warda schrieb am 10.02.2002 im Göttinger Tagesblatt

Poetische Scharaden

Albern, weise, umwerfend: Herman van Veen.



Anders ist van Veens Sinn für sinnliche Poetik, die keine innere Zensur kennt. Die zwischen den Stühlen sitzt und ideologische Gräben einfach ignoriert. Der Holländer hegt "Bewunderung für den lieben Gott / der die Farben so sehr liebt / dass er die Welt so gut baut / obwohl es ihn gar nicht gibt". Seine Gedanken werden nicht eingezäunt durch irgendwelche Vorgaben. Und sein warmer Bariton schmeichelt dem Ohr.

Anders ist van Veens Sinn für Unsinn. Albern und aberwitzig ist sein Humor, aber auch feinsinnig und urkomisch. Auch hier kennt er keine Grenzen. Mit Inbrunst erzählt er die Geschichte von dem Arzt mit dem Fieberthermometer hinter dem Ohr, der auf der Suche nach seinem Füller ist. Oder will singen, "bis die Fische katholisch sind und der Papst Pariser verkauft". Dazu schlägt er, vermeintlich geistesabwesend, in Richtung Publikum mit der offenen Wasserflasche ein Kreuz. Quieken, van Veen mäkelt: "Fanden Sie das nass?".

Anders ist van Veens Blick auf die Welt, und das Publikum vertraut seiner Weisheit, liebt die Essenz seiner poetischen Scharaden. Auch die besinnlichen Momente berühren. Wenn er von seinem Vater erzählt, der ihn belehrt hat, dass vor dem Krieg der Mond noch ein bisschen schöner geschienen hat. Eine liebenswürdige Menschlichkeit spricht aus allem, was er anstellt. Van Veens geistiger Charme ist umwerfend, sein Charisma erteilt ihm Absolution. Ihm ist es erlaubt, einen schwarzen Stammeshäuptling nachzuäffen, eine Opernarie über den Messertod der Primadonna zu schmettern: "Sie hat ein Loch in der Ti-, Ti-, Titte." Naive Lebensfreude kennt keine Geschmacklosigkeiten.

In einem bis ins Detail durchinszenierten Programm ist die Musik wesentlicher Bestandteil seiner Sendung. Denn "die Wahrheit ist viel besser zu ertragen, wenn sie klingt", wie es in einem der neuen Lieder heißt. Erik van der Wurff am Klavier ist dabei gewohnt solider Mitstreiter. "Ein dynamisches "Trio feminale" aus der wunderbaren Edith Leerkes an der Gitarre, dem Multitalent Wieke Garcia an den Rhythmusinstrumenten oder sogar am Dudelsack, sowie "Jann" an der Geige, bietet große Kunst. Und ist gleichzeitig Mitglied der genialen Bühnenfamilie van Veen, die vom Zusammenspiel noch mehr als vom immensen individuellen Können der Musiker lebt. Nach der sechsten Zugabe ist unwiderruflich Schluss, obwohl das Publikum noch weiter tobt. Van Veen spricht: "Es ist nicht immer so schön!", und leise dazu: "Es kann noch viel schöner sein!" Gelächter: Herman ist halt anders.