Torsten Wahl schreef 10 januari 2002 in de Berliner Zeitung

Das Gegenteil von cool



"Was ich dir singen wollte": Herman van Veen gastiert im Friedrichstadtpalast

Auf den Plakaten und dem Cover der neuen CD hat sich Herman van Veen eine Geige vors Gesicht gebunden. Das hat natürlich etwas zu bedeuten: "Die Geige stand zwischen mir und der Welt." An die Geige war er nämlich als Musikstudent gefesselt. Seine Professoren am Konservatorium Utrecht versuchten aus ihm einen Mendelssohn-Interpreten zu machen. Immerhin 35 Jahre ist das schon her - van Veen leidet also sehr nachhaltig. Dabei hat er schon mit seinem ersten Programm, "Harlejkin", die Rituale der klassischen Musik veralbert.

Seit Jahrzehnten vermag Herman van Veen die Fans mit seinen Liedern zu fesseln. Die Deutschen sind ihm besonders treu: Zu DDR-Zeiten standen die Leute zwei Tage lang in bitterem Frost nach den raren Karten an, heute tritt er siebenmal hintereinander im Friedrichstadtpalast an. Van Veen, auf eine rührende Art offenherzig, ist bis heute das personifizierte Gegenteil von "cool" geblieben - auf dem Geigen-Cover schreitet er unten als winziger nackter "Herman Sapiens" durchs Bild.

Genauso heftig wie die Zuneigung ist der Spott: Eine Herman-van-Veen-Parodie war jahrelang eine Pflichtnummer unter Jungkomikern. Daran mitschuldig war wohl auch der drollige Akzent, mit der er seine eingedeutschten Texte vortrug. Weil die holländischen Texte auch hier zu Lande verständlich sind, singt er auf der Bühne mittlerweile in beiden Sprachen. Live zeigt sich sowieso erst der wahre van Veen - ein Erfinder von schlichten, aber nie simplen Geschichten. Nach dem Tod seiner geliebten Eltern liegen in seinem Programm Tragik und Komik noch enger beieinander als gewohnt.

Auf der aktuellen Tour "Was ich dir singen wollte" begleiten ihn nicht nur Pianist Erik van de Wurff (ein Freund seit den Utrechter Geigen-Stunden!), sondern auch junge Musiker mit einer Vorliebe für Klassik. Die klassische Schlichtheit bekommt der Musik gut. Und Herman van Veen traut sich sogar wieder an die Geige heran.

Herman van Veen Konzerte am 11./12. und vom 15.-19. Januar, jeweils um 20 Uhr im Friedrichstadtpalast.