Kai Luehrs-Kaiser schreef op 9 december 2003 in de Berliner Morgenpost:

Kreuzritter der Zärtlichkeit

Herman van Veens Fans sind das freundlichste Publikum. Wenn man zu spät auf seinen Platz geht und die ganze Reihe aufstehen muss, kriegt man statt Flüchen nur ein "Aber bitte doch!" oder "Halli-Hallo" ins Ohr geraunt. In der Pause - ich schwöre, dass das wahr ist! - stehen viele Paare kuschelnd in der Ecke und haben sich ganz doll lieb. Wie auch anders? Herman van Veen ist der letzte Kreuzritter der Zärtlichkeit im Land von Momos grauen Herren. Er will, dass alle Tiere Freunde werden, und das gelingt ihm. Bei ihm fallen noch Sätze wie: "Links ist, wo dein Herz wohnt."
Herman van Veen, dessen große Karriere in den Siebzigern begann, ist die Sorte Jugendidole, auf die man sich später nicht mehr ganz rückhaltlos beruft. Ein Guru der Ehrlichkeit und der Latzhose, und zwar mit der Botschaft: "Du musst nicht suchen, du musst dich finden lassen." Oder auch: "Bleib wie du bist, gib was du hast." Diese Form eines schönen, sozialpädagogischen Zen-Buddhismus ist beruhigend und nebulös aufrüttelnd zugleich. Sie war früher sehr verbreitet. Beim Lob der Klampfe, das Herman van Veen heute noch singt, denkt man beständig staunend: "Dass es so etwas noch gibt ... !"
Viele Menschen denken das aber gar nicht, und so scheint sich Herman van Veens Übertritt ins 21. Jahrhundert bruchlos und erfolgreich vollzogen zu haben. Die von ihm erfundene Ente Alfred Jodokus Kwak (gesprochen: kwack, nicht quaak!) steht im Brockhaus. Seine 1985 uraufgeführte Märchenoper über die Ente, die natürlich die Welt bessern will, wird durch den Abend am Kurfürstendamm fortgesetzt. Eine Geschichte über das Land Kunga-Bunga, wo den Leuten durch zu viel Lachen ihr "Du-weißt-schon-was" abgefallen ist. So dass sie jetzt nicht mehr "Pippi machen" können und vom Aussterben bedroht sind. Das will Alfred J. Kwak nicht auf sich sitzen lassen. Die Ente ist eine schöne Kindercomic-Figur. Doch lauter Erwachsene sitzen im Theater. Soll das Publikum mitmachen, etwa rufen, dass die Ente wieder irgendwas falsch gemacht hat, dann rufen die Erwachsenen am lautesten und ausgelassensten. Hier können alle noch einmal Kind sein, ohne sich schämen zu müssen. Und der letzte Satz lautet, na klar: "Ente gut, alles gut."
"Alfred J. Kwack": Theater am Kurfürstendamm, Kurfürstendamm 206/209, Charlottenburg. Tel.: 88 59 11 88. Bis 30.12., 20 Uhr. 28-34 Euro (Fr./Sa.: 32-39 Euro). Tgl. außer Mo. (So. zusätzlich 15 Uhr).